Monatsnotiz Juni/ Juli 2021 – Semesterende, Barcamps und die neue Single Source Publishing Community

Die Zeit fliegt. Ein kurzer Rückblick auf die Monate Juni und Juli 2021. Unser Seminar „Wissenschaftliches Arbeiten“ (Sommersemester) ist nach dem Start im April mit Posterpräsentationen der Studierenden im Juli zu Ende gegangen und bei Veranstaltungen wie dem Edunauten-Barcamp oder dem stARTcamp meets HOOU (Motto „Herausforderung angenommen? Wie Wissenschaft und Kultur soziale Verantwortung und Digitalisierung leben“) ging es vor allem um Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Teilhabe und offenes Lernen und Lehren. Das erste Mal selbst teilgenommen habe ich am bundesweiten Digitaltag sowie dem Recherchebarcamp („Recherche im 21. Jahrhundert“). Hinweisen möchte ich in dieser Monatsnotiz auch auf eine neue Community zum Thema Single Source Publishing.


Wissenschaftliches Arbeiten

Am 08.07.2021 fand der letzte Termin unseres unseres Bachelorseminars „Wissenschaftliches Arbeiten“ im Sommersemester 2021 statt. Das Seminar war mit 60 Studierenden voll belegt und erfreulicherweise haben fast alle Teilnehmenden unser NTA-Angebot (Nichttechnisches Lehrangebot) erfolgreich abgeschlossen. Beendet haben wir das Semester mit Posterpräsentationen zu ganz unterschiedlichen Themen (z. B. 3D-Druck im Heimbereich, Wellenleiter für Hifi-Hochtöner, Verbesserungsmöglichkeiten der Arbeitssicherheit in Tischlereien, Elektromobilität und artgerechte Ausbildung und Haltung von Pferden), die die Studierenden als selbst gewähltes Thema im Rahmen des Semesters bearbeitet haben. Gefreut habe ich mich auch über das positive Feedback und Anregungen für zukünftige Veranstaltungen. Zu einigen Themen wie Kollaborationstools, der Ideenfindung für wissenschaftliche Arbeiten, Recherche, Möglichkeiten zur Erstellung von Notizen oder den Umgang mit Zeit habe ich parallel oder im Nachgang offen verfügbare Kurzzusammenfassungen erstellt, die vor allem auch vom Austausch im Rahmen des jeweiligen Termins geprägt sind.

Für Themen wie Open Science, überwiegend praxisorientierte Einblicke in die Erstellung von Notizen und den Einstieg in die Literaturverwaltung haben wir bei Interesse hier auf tub.torials auch einige Beiträge im Angebot:

Interessant könnte im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Arbeiten auch die Sammlung Mehr als 77 Tipps zum wissenschaftlichen Arbeiten sein, die Axel Dürkop, Thomas Hapke und Tobias Zeumer zusammen mit mir am 27.04.2021 Open Access veröffentlicht haben.


Veranstaltungen

Auch in den Monaten Juni und Juli gab es trotz Anbruch der Urlaubszeit viele Veranstaltungsangebote. Von einigen möchte ich an dieser Stelle kurz berichten. Die Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen lassen sich über einen Klick auf das jeweils an der rechten Seite angeordnete Plus-Symbol einblenden.

Asynchrones Edunauten-Barcamp (03.06. bis 13.06.)

Vom 03. bis 13. Juni 2021 fand das asynchrone Barcamp der Edunauten statt. Im Gegensatz zu vielen gängigen Onlineformaten gab es bei dieser Veranstaltung keine Videokonferenzen, sondern strukturierten, zeitversetzten Online-Austausch. Einen Überblick über die Sessions und die Sessionvorstellungen – zum Teil über Audio- und Videoformate – gibt es auf dieser Seite.

Mich hat hier vor allem die Session Unterrichten mit nachhaltiger und freier Software interessiert. Im dazugehörigen Board und den Kommentaren ist eine schöne Toolsammlung zusammengekommen und auch interessante Fragen, beispielsweise zum Spannungsfeld proprietäre vs. offenen Software, wurden aufgeworfen. Generell lohnt sich meiner Meinung nach aber auf jeden Fall das Nachstöbern im Sessionangebot. So habe ich kürzlich erst bei Blogkultur Podcast – Gastbeiträge in den Kommentaren eine tolle Zusammenstellung an Bildungsblogs gefunden.

Sehr hilfreich für alle, die vielleicht ebenfalls weiter mit asynchronen Veranstaltungen experimentieren wollen: Es gibt einen Rückblick auf Konzept, Umsetzung und Erfahrungen mit dem asynchronen Online-Barcamp-Format von Blanche Fabri, Kristin Narr, Jöran Muuß-Merholz und Nele Hirsch, der unter CC BY 4.0 veröffentlicht wurde.

stARTcamp meets HOOU (11.06.)

Das stARTcamp meets HOOU fand dieses Jahr am 11.06.2021 unter dem Motto „Herausforderung angenommen? Wie Wissenschaft und Kultur soziale Verantwortung und Digitalisierung leben“ statt. Und wie so oft bei diesen Veranstaltungen: es gibt haufenweise tolle Beiträge und Themen. Nicht teilnehmen konnte ich leider an der Learning-Circles-Session. Diese Lernkreise verknüpfen individuelles, selbstorganisiertes Lernen mit der Möglichkeit in Lernpartnerschaften Lernprozesse abzusichern und zu erweitern. Glücklicherweise haben die Teilgebenden dazu auf den Seiten der HOOU gebloggt, so dass man einen guten Einblick in die gesammelten Erfahrungen nachlesen kann.

Spannend fand ich auch die Session „Von Analog bis Digital – Die Entwicklung eines Lernangebots zum Thema Küstenschutz in einem sich wandelnden Klima“, bei der Teilnehmende sich unter anderem auch zu Gefahren durch ein mögliches Überlaufen der Elbe, Binnenhochwasser und Starkregen austauschen konnten. Mehr zu diesem HOOU-Projekt gibt es auf den Seiten des Projektes AKWAS 4.0.

Ich selbst habe die Session 14 Monate online lehren und lernen – Dos and Don’ts zur Förderung eines aktiven Austauschs angeboten. In dieser ging es um individuelle Erfahrungen, wie ein aktives Miteinander im Rahmen digitaler Veranstaltungen gefördert werden kann. Zusammengefasst habe ich die Session im Beitrag Die Sache mit den Digitalveranstaltungen – Nachklapp zu „14 Monate online lehren und lernen – Dos and Don’ts zur Förderung eines aktiven Austauschs.

Spannend fand ich auch die Session „Von Analog bis Digital – Die Entwicklung eines Lernangebots zum Thema Küstenschutz in einem sich wandelnden Klima“, bei der Teilnehmende sich unter anderem auch zu Gefahren durch ein mögliches Überlaufen der Elbe, Binnenhochwasser und Starkregen austauschen konnten. Mehr zu diesem HOOU-Projekt gibt es auf den Seiten des Projektes AKWAS 4.0.

Ich selbst habe die Session 14 Monate online lehren und lernen – Dos and Don’ts zur Förderung eines aktiven Austauschs angeboten. In dieser ging es um individuelle Erfahrungen, wie ein aktives Miteinander im Rahmen digitaler Veranstaltungen gefördert werden kann. Zusammengefasst habe ich die Session im Beitrag Die Sache mit den Digitalveranstaltungen – Nachklapp zu „14 Monate online lehren und lernen – Dos and Don’ts zur Förderung eines aktiven Austauschs.

Digitaltag 2021 (18.06.)

Die Universitätsbibliothek der TU hat am 18.06.2021 am bundesweiten Digitaltag teilgenommen. Axel Dürkop und ich haben dafür den Kurzworkshop Zusammen schreibst du weniger allein! – Offene digitale Werkzeuge an der TU Hamburg eingeladen. Hier wollten wir einen Einblick in unsere Buchproduktion mit freier Software geben. Trotz Temperaturen, die uns alle wohl zumindest gedanklich auf die Suche nach dem erfrischendsten Badesee in nächster Nähe geschickt haben, konnte die Veranstaltung erfreulicherweise stattfinden. Eine kleine Zusammenfassung dazu haben wir hier verbloggt. Vor allem die Herausforderung Anschluss an Arbeits- und Schreibgruppen in Zeiten einer Pandemie zu finden und die Entwicklung von Serviceangeboten von Hochschulen und ihren Bibliotheken spielen dabei eine Rolle.

Barcamp „Recherche im 21. Jahrhundert“ (25.06 und 26.06.)

Am 25.06 und 26.06.2021 lud das Institut für Geschichte der Universität Hildesheim zum ersten Recherchebarcamp ein. Wie der Titel schon verrät, ging es um das Thema Recherche. Wer also Interesse am Suchen und Finden von Informationen hat, war hier absolut richtig. Besonders gut hat mir neben der sehr herzlichen Atmosphäre des – von Studierenden mitorganisierten – Barcamps die Transparenz der Veranstaltung gefallen. Für Neueinsteiger wurde das Konzept Barcamp mit einem gut verständlichen 10-Regeln-Poster erklärt. Der Sessionplan wurde mit Taskcards (eine Art digitale Pinnwand die an Padlet erinnert) umgesetzt, was ebenfalls gut verständlich im Vorfeld in Text- und Videoform für alle Interessierten erklärt wurde.

Neben Sessions zu Themen wie „Was brauchen Promovierende?“, „Wohin mit meinen Daten?“, „Suchstrategien entwickeln“ und „Digitale Bildersuche“ gab es einen spannenden Lightning-Talk von Johanna Wild vom Recherchenetzwerk Bellincat („Wenn eine Internetverbindung genügt, um Missstände aufzudecken: Ein Einblick in Bellingcat’s Open Source-Recherchen“). Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich den Begriff Open Source-Recherche noch nie gehört. Zu verstehen ist darunter, das die Recherche überwiegend durch öffentlich zugängliche Informationen aus dem Internet aufbaut. Spannende Einblicke, die auch als Video zur Verfügung stehen! Ganz großartig – und irgendwie naheliegend bei einem Recherchebarcamp – war auch das Recherchebattle Wikipedia. Die Regeln:

  1. Man muss nur durch Anklicken von Hyperlinks vom Startartikel zum Zielartikel kommen.
  2. Man darf NICHT außerhalb von Wikipedia suchen.
  3. Man darf NICHT das Suchfeld „Wikipedia durchsuchen“ nutzen.
  4. Man darf die Browser-Funktion „Seite durchsuchen“ nutzen (Strg+F).
  5. Am Ziel angekommen gilt es (bei Onlineveranstaltungen) schnell im Chat Bescheid zu geben („Da!“).

Das Spiel wird dann gestoppt und gemeinsam wird der Suchverlauf betrachtet. Spannend, unterhaltsam und auch eine gute Möglichkeit um zu verdeutlichen, dass es diesen einen Königsweg beim Finden, wie mein ehemaliger Kollege Thomas Hapke oft zu sagen pflegte, nicht gibt und vor allem die eigenen digitalen Kompetenzen stetig „gepflegt“ werden sollten. Das Konzept hat mir so gut gefallen, dass ich es zukünftig gerne auch in eigenen Veranstaltungen an geeigneter Stelle einbinden möchte.

Ich selbst habe beim Barcamp die Session „Erstellen von OER – Wer, wie, was…?“ angeboten. Dazu plane ich (hoffentlich!) in den kommenden Wochen im Nachgang einen kurzen Beitrag zusammenzustellen. Einiges zu dieser und weiteren Sessions gibt es derzeit auch noch in den Sessiondokumentationen zu sehen.

DaLiCo-Workshop (06.07.)

Am 06. Juli habe ich an einem DaLiCo-Workshop (Data Literacy in Context) teilgenommen. Die Veranstaltung wurde unter dem Titel „Integrating digital competencies into the research toolbox“ von der HAW Hamburg und der University of Debrecen durchgeführt, wobei zwei Hauptthemen im Fokus standen:

  • Kompetenzen innerhalb von Forschungsdatenmanagement-Prozessen stärken,
  • Kennenlernen von Bestandteilen eines Train-the-Trainer (TtT)-Workshops, der sich derzeit zum Thema „Effektiver Wissenstransfer in der Forschungsunterstützung“ im Aufbau befindet.

Insgesamt haben zirka 20 Teilnehmer:innen aus Ungarn und Deutschland (u. a. von der HAW Hamburg, Uni Marburg, Hochschule RheinMain sowie der ZBW) aus den Bereichen Information und Bibliothek teilgenommen. Gefreut habe ich mich – neben den Inhalten an sich (unter anderem ging es um Data Literacy und FAIR Data) – vor allem über zwei weitere Punkte:

  • Ich denke sehr gerne (und oft) an mein Studium an der HAW zurück (für Interessierte: die gerade ausgelaufene Ausschreibung des Studiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement, aber das nächste Semester steht ja auch bald vor der Tür!). Zum einen natürlich, weil man viele tolle Menschen kennengelernt hat. Zum anderen empfand ich aber vor allem das Miteinander zwischen Studierenden und Dozierenden stark. Gefühlt standen die Türen bei Fragen und dem einen oder anderen benötigten Stups in die richtige Richtung immer offen. Davon zehre ich heute noch und so war es schön mit Frau Gläser eine meiner ehemaligen Dozentinnen nach Jahren wiederzusehen (auch wenn kaum Zeit für Smalltalk war 🙂 ).
  • Internationaler Austausch ist immer spannend. Besonders habe ich mich auf einen Einblick in digitale Tools, die Kolleg:innen (gerade international) so im Einsatz haben, gefreut. Hier nehme ich oft Anregungen oder zumindest Motivation für eigene Veranstaltungen mit, etwas Neues auszuprobieren. Ausgetauscht haben wir uns zu den unterschiedlichen Anwendungen in einer Art Bingo:
Screenshot Toolbingo (nicht unter freier Lizenz)

Neu für mich war das Google Jamboard, ein digitales Whiteboard, bei dem die Nutzung selbst nach kurzer Zeit denkbar einfach ist. Genutzt haben wir Jamboard im Rahmen des Workshops in Breakout-Sessions, um Gruppenergebnisse festzuhalten und zu präsentieren.


Single Source Publishing Community

Addressing #OpenScience advocates, developers, authors and editors we offer a place to discuss, show and tell.

Axel Dürkop

Am 02.07.2021 wurde die Single Source Publishing Community ins Leben gerufen. Single Source Publishing bedeutet kurz und knapp: aus einer einzelnen Quelle können weitere digitale Formate generiert werden. Haben wir also eine Datei im Markdownformat, lassen sich ohne großen Aufwand weitere Ausgabeformate wie PDF oder HTML produzieren. Die neu gegründete Community soll allen Interessierten aus Forschung, Verlagswesen und Softwareentwicklung einen Ort bieten, an dem gemeinsam zugunsten von Open Access und Open Science ein Austausch stattfinden kann. Weitere Informationen zur neuen Singe Source Publishing Community gibt es in einem Beitrag auf GenR und diesem Eröffnungstweet. Aktuelles kann zukünftig auch auf Twitter über das Hashtag #SiSoPub verfolgt werden. Schaut doch mal rein, wenn ihr am Community-Gedanken oder dem Raum zum Ausprobieren und Austausch rund um Single Source Publishing Interesse habt, wir würden uns freuen!


Ausblick

Festhalten möchte ich an dieser Stelle noch ein „Learning“ für mich, was das Schreiben von Monatsnotizen betrifft: wenn ein paar freie Tage den Arbeitsrhythmus „unterbrechen“ unbedingt vorbereitend ein paar kleine Notizen und Stichworte festhalten. Nach dem Urlaub fiel es mir dann doch etwas schwer wieder reinzukommen. Wie handhabt ihr das bei regelmäßigen Blogformaten? Macht ihr euch eine kleine Liste mit Themen über den Monat verteilt, die ihr dann später in einen Text umsetzt oder entstehen Beiträge wie Monatsnotizen (oder andere Formate) bei euch eher aus dem Bauch heraus beim Schreiben? Teilt eure Kniffe doch gerne in den Kommentaren 🙂 .

CC BY 4.0
Weiternutzung als OER ausdrücklich erlaubt: Dieses Werk und dessen Inhalte sind – sofern nicht anders angegeben – lizenziert unter CC BY 4.0. Nennung gemäß TULLU-Regel bitte wie folgt: Monatsnotiz Juni/ Juli 2021 – Semesterende, Barcamps und die neue Single Source Publishing Community von Florian Hagen, Lizenz: CC BY 4.0. Beitragsbild „Monatsnotiz Juni Juli“ von Florian Hagen (CC0/Public Domain). Der Beitrag und dazugehörige Materialien stehen auch im Markdownformat und als PDF zum Download zur Verfügung.
Neben der Session zu Dos und Don’ts gab es zahlreiche weitere Sessions…

Die Sache mit den Digitalveranstaltungen – Nachklapp zu „14 Monate online lehren und lernen – Dos and Don’ts zur Förderung eines aktiven Austauschs“

Am 11.06.2021 fand das stARTcamp meets HOOU online über Zoom unter dem Motto „Herausforderung angenommen? Wie Wissenschaft und Kultur soziale Verantwortung und Digitalisierung leben“ statt. Neben den Keynotes von Ina Schmidt („Wie wollen wir leben? Kulturelle Verantwortung als soziale Praxis“) und Kerstin Kuchta (Vizepräsidentin für Lehre der TUHH, „Lernen mit Impact – soziale Verantwortung in der Bildung der Professionals von morgen“) boten auch die Sessions (z. B. zu Learning Circles oder Entwicklung eines Lernangebots zum Thema Küstenschutz) verschiedene Anlässe zum Austausch rund um Digitalveranstaltungen in Wissenschaft und Kultur. Die komplette Übersicht zu den Sessions steht aktuell noch hier oder hier zur Verfügung.

In diesem Nachklapp zum stARTcamp möchte ich einige Punkte festhalten, die wir in der Session „14 Monate online lehren und lernen – Dos and Don’ts zur Förderung eines aktiven Austauschs“ besprochen haben. Offen teilen möchte ich diese, weil ich natürlich auch neugierig bin, welche Erfahrungen, Dos und Don’ts weitere Lernende und Lehrende in den vergangenen Monaten gesammelt haben.

1. Warum so wenig aktive Teilnahme?

Gerade zu Beginn des ersten Pandemie-Semesters (April 2020) war es laut Teilnehmer:innen der Session nicht ungewöhnlich, dass man sich in der Dozierendenrolle ein wenig alleine im digitalen Raum gefühlt hat. Die Kameras waren meist aus, aktive Beiträge von Teilnehmer:innen über Audio eher die Ausnahme. Entgegenwirken sollten anfangs u. a. gemeinsame Meeting-Regeln (jede Form von Beitrag zur Veranstaltung ist willkommen, wir erkunden gemeinsam auf Augenhöhe neue Möglichkeiten des Miteinanders). Eine große Veränderung war aber zunächst nicht wahrzunehmen.

Interessant sind natürlich vor allem die Gründe. In unserer stARTcamp-Session haben wir über einige Ursachen gesprochen, die z. B. über kleinere Umfragen und Feedbacks in den Veranstaltungen gesammelt wurden.

1.1 „Es fühlt sich unangenehm an“ 

Studierende gaben – gerade durch den recht kurzfristigen Umschwung auf komplette Digitallehre – an, dass sich der Einblick ins Privatleben ohne „Filter“ (also Einblicke für alle Teilnehmer:innen größerer Veranstaltungen) „unangenehm“ anfühlt. Konkret wurde hier u. a. erwähnt:

  • Wenn z. B. etwas Falsches gesagt wird, könnte dies auch in sozialen Netzwerken wie jodel verbreitet werden. 
  • Der Einblick in die eigenen Räumlichkeiten fühlt sich nicht richtig an. Zum einen, weil nicht immer aufgeräumt ist, aber auch weil Studierende zunächst nicht für alle zu viel aus Privatleben und privaten Umständen offen teilen möchten (Hobbys, Fotos, etc.).
  • Studierende mussten und müssen nicht selten kreativ sein, um ungestört an Online-Veranstaltungen teilnehmen zu können. Während bei Veranstaltungen vor Ort alle im gleichen Raum sitzen, mussten einige Studierende in den Digitalsemestern für mehr Ruhe z. B. aus dem Auto heraus teilnehmen, nach einem Umzug in eine neue Stadt vorübergehend wieder zurück ins Elternhaus ziehen oder auch bei Freunden und Bekannten unterkommen (hier wurden u. a. überlastete Internetleitungen oder fehlende Anschlüsse angegeben), damit die technische Infrastruktur Semester-tauglich ist. Wenig förderliche Umstände für aktiven Austausch also.
  • Angemerkt wurde auch die Befürchtung, dass vor allem in Phasen der Inaktivität (z. B. „komische“ Gesichtsausdrücke oder Bewegungen, während man Vortragenden zuhört) GIFs oder Videos erstellt werden, die dann im Netz in Umlauf gebracht werden.

1.2 Unsicherheit 

Ein weiteres Thema unserer Session war „Unsicherheit“. Komplett digitale Lehre war für Lehrende und Lernende in dieser Form neu. Einige Studierende wollten zunächst aus der Beobachterperspektive ein Gefühl für diese neue Form des Studierens gewinnen. Auch die Ausstattung an sich spielt für viele Studierende (aber auch Lehrende) nach wie vor eine Rolle. Allgemein lässt sich das Feedback, das zum Thema „Unsicherheit“ gesammelt und in der Session angesprochen wurde, in einige sehr grobe Subkategorien einteilen: „Technik“ sowie „Gruppendynamik, Arbeitsgewohnheiten und Sonstiges“.

1.2.1 Technik

  • Viele Studierende gaben an, dass es privat an geeigneter Hardware-Ausstattung fehlt. Auch Tonprobleme bei Dozierenden (von denen man eher erwartet, dass eine gewisse Ausstattung wie geeignete Mikrofone, Laptops und Kameras vorhanden ist) haben dieses Gefühl verstärkt („Wie schlimm hört sich das dann erst bei mir an?“) oder zumindest die Motivation negativ beeinträchtigt.
  • Einige der genutzten Anwendungen seien neu und wurden kaum bis gar nicht eingeführt/ erklärt. 
  • Viele Studierende hatten zunächst auch gar keine Kameras oder Mikrofone, sodass Bild und Ton nicht für eine aktivere Teilnahme eingesetzt werden konnten. Man mochte dies aber auch nicht offen mitteilen.
  • Oftmals scheiterte es auch an der Internet-Verbindung oder den verwendeten Anwendungen für Online-Veranstaltungen. Videos hakten, der Ton wurde von Aussetzern und Störgeräuschen begleitet und man habe individuell in anderen Veranstaltungen schon Rückmeldungen erhalten, dass man einfach nicht gut zu verstehen sei (sinkende Motivation weiter mitzumachen).

1.2.2 Gruppendynamik, Arbeitsgewohnheiten und Sonstiges

Neben der Technik ging es in unserer stARTcamp-Session auch noch um andere Erkenntnisse. So gibt es Studierende, die für eine konzentrierte Teilnahme in Ruhe zuschauen „müssen“. Dies sei aber oft schon in der Präsenzlehre so gewesen. Eine permanent eingeschaltete Kamera sei auch eher hinderlich für den eigenen Fokus auf Inhalte, da man sich sonst zu beobachtet fühlt und daran auch stets denken müsse. Es sei auch „ungewohnt“, dass sich alle direkt in die Augen schauen könnten. In Präsenzveranstaltungen bestehe im direkten Vergleich die Möglichkeit ganz vorne (so nimmt man weniger wahr, was in den hinteren Reihen geschieht) oder in der letzten Reihe zu sitzen (so hat man selbst alles im Blick, aber es gucken einen nicht direkt alle an).

Auch habe sich recht schnell ein gewisser Gruppendruck in Online-Veranstaltungen entwickelt. Bis auf die Dozierenden seien andere Teilnehmer:innen kaum oder gar nicht zu sehen, sodass man sich nicht durch die eigene aktive Teilnahme über Kamera und Mikrofon in den Mittelpunkt stellen wolle, um nachher noch in einem „komischen Licht“ dazustehen. In einigen Veranstaltungen sei zudem auch kommuniziert worden, dass das Ausschalten von Kameras der Übertragungsqualität der ganzen Veranstaltung zugutekomme (und somit schaltet man die Kamera auch heute noch eher nicht an).

Gesprochen haben wir in der Session auch über die großen organisatorischen Herausforderungen der Studierenden. Gerade in den ersten Wochen oder Monaten wurden z. B. Überschneidungen bei den Terminen einzelner Online-Veranstaltungen beklagt. Auch Aufgaben wie Kinderbetreuung, Nebenberuf zur Finanzierung des Studiums und andere Verpflichtungen erforderten Multitasking während laufender Veranstaltungen. Eine mögliche aktive Teilnahme habe darunter gelitten bzw. war kaum möglich. Als Alternative wurde des Öfteren der Wunsch nach Aufzeichnungen von Inhalten geäußert. Mittlerweile habe sich aber zumindest in Bezug auf Tagesabläufe des digitalen Studiums eine gewisse Routine eingestellt. Die Kameras sind in vielen Veranstaltungen aber nach wie vor meistens ausgeschaltet. Aktive Beiträge über Mikrofon und andere Austauschmöglichkeiten (gemeinsame Whiteboards und Protokolle, Umfragebeteiligungen, Chats, etc.) haben zugenommen.

2. Don’ts: Was hat nicht zur Förderung von Aktivität beigetragen?

Neben den eingangs erwähnten „Regeln“ für ein besseres Miteinander in Online-Veranstaltungen wurden weitere Schritte (erfolglos) ausprobiert, um mehr Aktivität in die Veranstaltungen zu bekommen.

  • Direkte (teilweise willkürliche) Auswahl von Studierenden, die etwas zum aktuellen Thema beitragen sollen (Einforderung aktiver Teilnahme). 
  • Erläuterung aus Perspektive der Dozierenden, wie man diese stille, schwarze Wand über Wochen/ Monate wahrnimmt. Hier bestand zum Teil auch Ungewissheit auf Seiten Dozierender, ob man überhaupt von den Studierenden gehört oder gesehen wird.
  • (Unangemeldetes) zustoßen zu Breakout-Sessions der Studierenden, was zu einem gewissen Vertrauensverlust oder zumindest kurzfristig nicht angenehmer Atmosphäre aller Beteiligten untereinander führte (es wurde z. B. von einem versehentlichen Einstieg in eine Breakout-Session berichtet, die Gespräche in der Gruppe wurden direkt eingestellt und auf die Anwesenheit der Dozierenden hingewiesen).

Dass etwas nicht funktioniert, heißt glücklicherweise nicht, dass es aus diesen Erfahrungen und Versuchen keine „Learnings“ gibt. So haben wir in der Session über unterschiedliche Erkenntnisse für die eigenen Lehr-Lern-Konzepte gesprochen, die den aktiven Austausch stützen. 

3. Dos: Was hat zu mehr Aktivität beigetragen?

Einige der besprochenen „Kniffe“:

  • 1. Spielerische Vorstellung technischer Möglichkeiten:
    Damit Studierende aktiv an einer Veranstaltung teilnehmen können, sollten mögliche Optionen der jeweiligen Videokonferenzanwendung spielerisch eingeführt werden (z. B. Anregungen für die Nutzung von Emojis als Feedbackmöglichkeit – „Bevor wir loslegen würde ich zunächst gerne mal schauen, wie es bei Ihnen heute mit der Motivation aussieht: wählen sie doch zum Einstieg einmal das passende Emoji für die eigene Tagesform“).

 

  • 2. „In der Kürze liegt die Würze“:
    Inputs sollten nicht zu lange dauern. Stattdessen können Diskussionen und Aufgaben in „digitalen Murmelgruppen“ die Dynamik einer Veranstaltung sehr positiv prägen. Gruppen berichten dann im Plenum (vorher wurde festgelegt, dass die Gruppe Sprecher:innen auswählt oder per bereitgestellten Zufallsgeneratoren wie einem Glücksrad oder anderen Auswahlmöglichkeiten bestimmt).

 

  • 3. Möglichkeit gemeinsamer Protokolle anbieten:
    Gemeinsame Protokolle haben sich vor allem auch für die gemeinsame Sammlung von Fragen bewährt. Auf diese kann nach Themenblocks oder auch im Nachgang von Veranstaltungen (schriftlich) eingegangen werden. So werden auch Fragen und Beiträge stiller Mitarbeiter:innen in gewisser Form gewürdigt.

 

  • 4. Unterschiedliche Formen von Abfragen nutzen:
    Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Umfragen gestaltet werden können. Neben Standardumfrage-Tools kann mit unterschiedlichen Skalen und Whiteboards oder einer Kombination aus Folien und Umfragetool experimentiert werden. Die Studierenden nehmen eine abwechslungsreiche Gestaltung gut an, z. T. wurde hier auch berichtet, das Studierende Feedback für weitere Umfragemöglichkeiten und -ideen äußerten.

 

  • 5. Eigene Überzeugung/ Begeisterung für Aufgaben und Inhalte:
    Wir haben in unserer stARTcamp-Session auch darüber gesprochen, dass eine gewisse Begeisterung für Inhalte und Aufgaben sich eher auf Studierende überträgt. Wenn von vorneherein bei verwendeten Materialien und Aufgabenstellungen Zufriedenheit und Überzeugung fehlen, so ist diese auch nicht bei Lernenden zu erwarten. Ist das Thema „Plagiate“ in der Wissenschaft z. B. erst einmal nicht für alle wirklich interessant, so können Fälle und Diskussionen rund um Beispiele aus dem Alltag vieler Studierender das Thema zugänglicher gestalten und den Austausch anregen. Statt „Welche Plagiatsfälle in der Wissenschaft sind bekannt?“ kann dieses Thema auch auf Themen außerhalb der Wissenschaft erweitert werden (Gespräche zu Themen wie Artikelklau im Videospieljournalismus oder im Musikbereich führten hier oft zu sehr aktiven Diskussionen zu Merkmalen und Auswirkungen, die sich somit viel verständlicher auf die Wissenschaft übertragen lassen).

 

  • 6. Persönliche Erfahrungen sind spannender und greifbarer als trockene Theorie:
    Der Austausch zwischen Lernenden und Lehrenden kommt den Erfahrungen Sessionteilnehmer:innen nach eher nicht zustande, wenn lediglich das theoretische Standardprogramm für eine Veranstaltung runtergespult wird. Viel interessanter können persönliche Erfahrungen zu Methoden und Anwendungen sein (sofern sich das für ein Thema anbietet). Wenn im Rahmen einer Veranstaltung z. B. bestimmte Vorgehensweisen (strukturierte, individuelle Informationsrecherche), Methoden (Lösung von Schreibblockaden, Einblick in eigene Erfahrungen im Rahmen von Arbeit oder Studium) oder genutzte Anwendungen (z. B. Open-Source-Anwendungen zum gemeinsamen Schreiben) vorgestellt werden. Umgekehrt interessiert mich auch immer die Perspektive der Studierenden. Was wird wie genutzt und warum? Ist das eventuell auch etwas, was für uns alle vielleicht praktikabler ist? Da die Studierenden sich in den eigenen Arbeitsprozessen und -gewohnheiten gut auskennen, besteht eine gewisse Sicherheit (Ich weiß wie mein System, meine Anwendung, meine Methode für mich am besten funktioniert) und dementsprechend ist die Scheu des Teilens hier geringer als bei anderen Themen.

 

  • 7. Experimentierfreude und Entspanntheit:
    Das spontane Ausprobieren von Themen, Inhalten und Werkzeugen, die Studierende in Veranstaltungen einbringen, ist nicht selten auch mit einer gewissen Form von „Risiko“ verbunden. Gerade die Technik oder auch die eigene Übersicht hakt dann doch mal gerne beim Vorführen. Erwähnt werden kann die Methode „Dozent ferngesteuert“. Studierende können sich hier aktiv einbringen, ohne den eigenen Bildschirm zu teilen (was z. T. nicht gerne gemacht wird oder auch aus organisatorischen Gründen nicht möglich sein kann). Als Beispiel sei hier die erarbeitete Lösung einer Rechercheaufgabe (hier führen oftmals viele Wege ans Ziel) erwähnt. Die Studierenden lotsen die Dozierenden durch das eigene Vorgehen, während die Dozierenden den eigenen Bildschirm teilen. In diesen Situationen ist auch eine gewisse Entspanntheit notwendig (ungewisse Schritte, Zugangsbeschränkungen, etc.). Das Vorleben eines recht entspannten Umgangs mit solchen Situationen trägt durchaus dazu bei, dass bereits erwähnte Hemmnisse wie „unangenehme“ Gefühle oder „Unsicherheit“ sich legen und eine anregende, positive Arbeitsatmosphäre entsteht (Fehler/ Probleme können uns allen mal passieren), die zu mehr Aktivität führen kann.

 

  • 8. Offenheit und Mensch im Blick:
    Gesprochen haben wir in der Session auch über den offenen, hilfsbereiten Umgang miteinander, möglichst auf Augenhöhe. Wenn man aus Perspektive von Dozierenden also Offenheit für Fragen rund um Veranstaltungsinhalte und Hilfsbereitschaft signalisiert, kommen hier zunehmend durchaus auch Fragen, die eine umfassendere Beratung erfordern. Auch wenn dies mehr Zeitaufwand bedeutet, so kann dies am Ende durchaus dazu führen, dass die unterstützten Studierenden sich zu Aktivposten im Rahmen von Veranstaltungen entwickeln. Selbst Schneeballeffekte sind keine Seltenheit (studentische Beiträge führen meist zu weiteren studentischen Beiträgen), Veranstaltungen und Diskussionen erfordern so weniger Leitungsaufwand.

 

  • 9. Denkpausen einräumen:
    Simpel und irgendwie doch so schwer: eine Kollegin sprach beim stARTcamp an, dass das Einräumen von Denkpausen bei Fragerunden in Online-Veranstaltungen oftmals vergessen oder vernachlässigt wird. Diese stillen Phasen sollten ertragen und nicht nach wenigen Augenblicken durch Hilfestellungen oder vorgegebene Antworten übergangen werden. Andernfalls kann aus Studierendenperspektive auch der Eindruck entstehen, dass grundsätzlich gar keine aktive Auseinandersetzung mit Fragestellungen erforderlich sei, da die Antwort gleich mitgeliefert wird („Die Antwort wird sowieso gleich vorgegeben, da kann ich mir die Mühe sparen.“).

4. Zusammengefasst

Unsere kleine Austauschsession beim stARTcamp hat Spaß gemacht (vielen Dank auch nochmal an die Runde!). Ein Kollege merkte in meinen Augen völlig richtig an, dass viele der aufgeführten Diskussionspunkte abseits technischer Herausforderungen keine exklusiven Herausforderungen von Online-Lehr-Lern-Angeboten seien. Für mich kann hier somit über die eigenen Digitalangebote hinaus auch viel für eine eventuell zukünftig wieder stattfindende Präsenzlehre und Hybrid-Modelle abgeleitet werden. Spannend ist neben (nicht unbedingt neuen) Gründen für fehlende aktive Teilnahme am Austausch in digitalen Veranstaltungen aber vor allem die in den letzten Monaten zunehmende Experimentierfreude bei vielen Lehrenden und Lernenden. Diese lässt – egal ob physisch vor Ort, hybrid oder digital – hoffen, dass viele Gedanken, Methoden und Ideen auch zukünftig erhalten bleiben und weitergedacht werden. 

Welche Erfahrungen habt ihr in den vergangenen Monaten bei Onlineveranstaltungen gesammelt? Was sind eure Dos und Don’ts? Teilt es uns doch gerne über die Kommentarfunktion mit. 

 

CC BY 4.0
Weiternutzung als OER ausdrücklich erlaubt: Dieses Werk und dessen Inhalte sind – sofern nicht anders angegeben – lizenziert unter CC BY 4.0. Nennung gemäß TULLU-Regel bitte wie folgt: Die Sache mit den Digitalveranstaltungen – Nachklapp zu „14 Monate online lehren und lernen – Dos and Don’ts zur Förderung eines aktiven Austauschs“ von Florian Hagen, Lizenz: CC BY 4.0. Der Beitrag steht auch als Markdowndatei und PDF zum Download zur Verfügung.
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