Mit Napkin.AI Grafiken aus Text generieren – Ein Tool für Bibliothek, Lehre und Studium?

In der Kategorie ‚Fundstück‘ werden Tools, Services und andere Entdeckungen rund um den life cycle wissenschaftlicher Kommunikation in kurzen Texten vorgestellt.

Mit Napkin.AI lassen sich aus Texten ohne großen Aufwand Visualisierungen erstellen. Eine Freundin aus der Verlagsbranche, die sich regelmäßig mit Tech-Trends beschäftigt, hat mir das Tool empfohlen. Auch für meine Arbeit in der Hochschulbibliothek sehe ich viel Potenzial – insbesondere für die Bibliotheksarbeit, das Studium und die Lehre. Einige Anwendungsideen stelle ich in diesem Blogbeitrag vor.

Der Beitrag ist in folgende Abschnitte eingeteilt:

1. Was ist Napkin.AI?

Mit dem KI-Tool Napkin.AI lassen sich Texte mühelos in Visualisierungen umwandeln. Und das wirklich unkompliziert: Man kopiert eine selbst verfasste oder automatisch generierte Textpassage in das Tool, das daraus ein Diagramm, eine Ablaufskizze oder eine andere passende Grafik erstellt. So lassen sich Abläufe verständlicher darstellen – ganz ohne den Aufwand, eigene Grafiken zu erstellen.

1.1 Anmeldung

„Napkin“ bietet drei Pricing-Modelle an: das Starter-, das Professional- und das Enterprise-Paket. Sowohl das Starter- als auch das Professional-Paket sind in der Beta-Version kostenlos. Für diesen Beitrag und verschiedene Testsituationen habe ich die Starter-Variante verwendet.

1.2. Einfache Schritte zum aussagekräftigen Schaubild

  1. Zuerst wählt man, ob der Text, der später als Bild dargestellt werden soll, selbst geschrieben oder von Napkin durch einen Prompt generiert werden soll. Die KI kann sowohl englische als auch deutsche Texte erstellen.
  1. Als Nächstes kann ausgewählt werden, welcher Teil des Textes in ein Schaubild umgewandelt werden soll. Entweder markiert man die entsprechende Textstelle oder nutzt das Blitz-Symbol, das links neben jedem Textabschnitt angezeigt wird. In diesem Beispiel habe ich drei gängige Formen des Open-Access-Publizierens verwendet.
  1. Wenige Augenblicke später werden auch schon verschiedene Schaubilder vorgeschlagen. In meinem Fall konnte ich aus über vierzig verschiedenen Optionen wählen. Einige waren jedoch sehr ähnlich und unterscheiden sich hauptsächlich in Design und in den verwendeten Symbolen. Durch Änderungen im Text und erneutes Generieren mit dem Blitz-Symbol können weitere Schaubilder vorgeschlagen werden.

Hat man sich für eine Variante entschieden, bestätigt man sie einfach per Klick. Im Anschluss kann das Bild heruntergeladen oder bei Bedarf manuell angepasst werden.

1.3. Weitere Funktionen von Napkin

Napkin hält neben dem Generieren von Bildern auch noch weitere Funktionen bereit: Über die Menüleiste können „Labels“ gesetzt werden, um den Text zu annotieren. Zudem lassen sich auch kleine Zeichnungen erstellen, die dann automatisch in Pfeile, Kreise oder andere Symbole umgewandelt werden:

Alternativ kann über das Lupen-Symbol eine Symbolsuche durchgeführt werden. Wird ein passendes Icon gefunden, so kann dieses ebenfalls eingefügt werden:

2. Ideen zur Nutzung

Napkin.AI bietet verschiedene Möglichkeiten, um Arbeitsabläufe, Konzepte und Lernprozesse visuell zu unterstützen. Im Folgenden möchte ich einige konkrete Einsatzmöglichkeiten vorstellen, die sowohl für die tägliche Arbeit als auch für Lehr- und Studienkontexte hilfreich sein können.

2.1 Arbeitsabläufe und Einarbeitungsprozesse visuell unterstützen

In unserem Open-Access-Team müssen wir viele organisatorische und verwaltungstechnische Abläufe abbilden. Wenn man sich länger mit diesen Themen auseinandersetzt, sind diese Abläufe meistens (aber nicht immer) nachvollziehbar. Skizzen können zum Beispiel für Außenstehende oder im Rahmen von Abteilungshospitationen helfen, um die interne Dokumentation, generelle Abläufe und auch Einarbeitungsprozesse klarer zu gestalten. Ein konkretes Beispiel, bei dem wir diesen Ansatz genutzt haben, ist die Erstellung eines FAQ für die Bibliotheksnutzung. Hierzu haben wir eine Liste mit Fragen aus den Spätdiensten an der Servicetheke zusammengestellt, die wir anschließend visualisieren ließen.

2.2 Veranstaltungsskizzen erstellen

Workshops – sei es nun für Open-Access-Einführungen, Bibliotheksrundgänge oder andere Bibliotheksthemen – beginnen in der TUB oft mit schriftlichen Konzepten. Gerade bei eigenen, umfangreicheren Texten entwickelt man aber nicht selten einen blinden Punkt und Lücken in der Planung werden zunächst übersehen. Eine schnell mit Napkin erstellte Ablaufskizze auf Basis eines selbst erstellten Konzepts in Textform kann helfen, den roten Faden zu überprüfen oder ergänzende Ideen für das Konzept leichter zu erkennen und weiterzuentwickeln.

2.3 Ergänzung für Lehrveranstaltungen

Die TUB ist an verschiedenen Lehrveranstaltungen beteiligt und bietet Bachelorstudierenden an der TUHH unter anderem das Seminar „Wissenschaftliches Arbeiten“ an. Hier wird der Schreibprozess von der Ideenfindung bis zur Abgabe begleitet. Zu Semesterbeginn wird dazu immer der Seminarablauf skizziert. Für die Dozierenden ist der Ablauf klar, für Studierende die diesen Plan zum ersten Mal sehen, kann mit Napkin eine visuelle Skizze erstellt werden, die Studierenden den gesamten Prozess noch verständlicher macht.

Ein spannender Ansatz für die Lehrveranstaltung könnte auch darin bestehen, dass die Studierenden zunächst den Ablauf ihres eigenen Schreibprozesses in Textform festhalten und von Napkin visualisieren lassen. Anschließend wird ein theoretisch typischer Ablauf des wissenschaftlichen Schreibens vorgestellt und ebenfalls visuell abgebildet. Durch diesen Vergleich können sie nicht nur individuelle Unterschiede erkennen, sondern auch bewusst hinterfragen, warum sie bestimmte Schritte so ausführen, wie sie es tun, und ob Anpassungen sinnvoll wären. Gleichzeitig kann diese Übung ein Bewusstsein für die Grenzen von KI-Anwendungen wie Napkin schaffen – vor allem dann, wenn die automatisch generierte Visualisierung relevante Aspekte des eigenen Prozesses nicht wie erwartet abbildet. Diese Erkenntnisse bieten eine gute Grundlage für eine gemeinsame Reflexion und Diskussion.

3. Kritische Gedanken

Wo KI-Tools ins Spiel kommen, sollte eine kritische Reflexion natürlich nicht fehlen. Wie bei anderen vergleichbaren Anwendungen gilt auch für Napkin: Es ersetzt nicht die Eigenleistung, sondern kann sie an passenden Stellen ergänzen. Wenn das Durchdringen von Texten Dritter schwerfällt, spricht meiner Ansicht nach nichts dagegen, eine KI-generierte Abbildung zu nutzen, um Inhalte besser zu verstehen. Wenn eigene Inhalte mit einer automatisch erzeugten Abbildung ergänzt werden, ist jedoch eine korrekte Quellenangabe wichtig. An der TUHH gibt es hierfür zur Unterstützung auch eine Handreichung zu KI-Tools in Studium und Lehre.

Napkin bietet viele Vorteile. Unsere Tests haben aber gezeigt, dass eine intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten trotzdem wichtig bleibt. Bei einigen Probeläufen, zum Beispiel bei Seminarskripten, waren die von Napkin generierten Abbildungen im Vergleich zu selbst erstellten Konzeptskizzen oft zu stark vereinfacht. Dadurch wurden mitunter relevante Inhalte komplett ausgeblendet.

KI-Tools sollten nicht dazu verleiten, eigene Fähigkeiten zu vernachlässigen. Dadurch könnte sonst eine stärkere Abhängigkeit von Technologie entstehen. Auch mit zunehmender technischer Unterstützung bleibt es entscheidend, sich intensiv mit Inhalten auseinanderzusetzen. Lernen bedeutet mehr als das Übernehmen fertiger Inhalte – es erfordert eine Auseinandersetzung, Recherche, kritisches Denken und aktives Ausprobieren. Der kompetente Umgang mit KI-Tools kann diesen Prozess bereichern, sollte aber nicht die Entwicklung grundlegender Fähigkeiten ersetzen.

Eine ausführlichere Reflexion über den Einsatz von KI-Tools zur Forschungsunterstützung findet sich im Beitrag Texte besser verstehen mit KI-„Copilot“? Workflow und Gedanken zur Kombination von Zotero und SciSpace.

4. Fazit

Napkin.AI ist ein nützliches Tool, das einfach zu bedienen ist und die schnelle Erstellung von Visualisierungen ermöglicht. Die generierten Abbildungen sind hilfreich, um Informationen zu veranschaulichen und das Verständnis zu fördern. Besonders positiv fällt die Qualität der generierten Texte auf. Ein kleiner Nachteil ist jedoch, dass die KI-generierten Texte auf Deutsch oft wesentlich kürzer und allgemeiner gehalten sind als die englischen Varianten. Zudem sind die Bearbeitungsmöglichkeiten für die generierten Bilder noch recht eingeschränkt.

Der Einsatz von KI-Tools wie Napkin erfordert immer einen kritischen Blick. Die KI kann dabei helfen, Textinhalte zu visualisieren, ersetzt aber nicht die tiefgehende Auseinandersetzung mit einem Thema. Die Qualität der generierten Abbildungen variiert, sodass relevante Inhalte verloren gehen können, wenn Texte zu stark vereinfacht werden. Es bleibt also entscheidend, dass Nutzende eigenes Wissen und ihre Fähigkeiten weiter einbringen und üben.

In Zukunft könnte ich „Napkin“ öfter nutzen, da visuelle Darstellungen oft schneller erfasst werden als bloßer Text. Das Tool würde mir nicht nur beim Überprüfen eigener Texte helfen, sondern auch als Unterstützung beim Lernen dienen – nicht zuletzt über KI selbst.

Dieser Beitrag wurde gemeinsam von Vera Gnadt und Florian Hagen verfasst, aber zur besseren Lesbarkeit aus einer Ich-Perspektive geschrieben.


CC BY 4.0
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