Notizblöcke auf hellblauem HIntergund

Notiz-Selbstmanagement (Gastbeitrag von Matthias Andrasch) #Notizschreibwochen2020

Die beruhigende Nachricht zu erst: Ich habe über die Jahre auch kein perfektes System für mich gefunden, um Notizen zu organisieren. Alles, was ich nach mehreren Jahren des Ausprobierens sagen kann:

Weniger ist mehr.

Die Verlockung ist groß, sich ein System aus einer Vielzahl von vernetzten Apps und Online-Tools zu entwerfen, insbesondere in Kombination mit Task-Management-Werkzeugen und Bookmarking-Tools. Am Ende verstauben die meisten davon, zumindest ist dies meine Erfahrung. Das soll nicht bedeuten, nicht alles mal auszuprobieren. Ständiges Ausprobieren ist für die Horizonterweiterung extrem wichtig, aber am Ende des Tages sollte wieder das Wesentliche fokussiert werden.

Wer es schafft, ein neues Tool überhaupt regelmäßig in den Alltag zu integrieren, hat aus meiner Sicht bereits einen riesengroßen Erfolg errungen.

Eine der simpelsten Methoden, um Notizen grundlegend festzuhalten, ist sich selbst eine E-Mail zu schreiben mit dem Smartphone. Später kann man diese dann am Laptop abarbeiten und ggf. in ein weiteres Tool übertragen. Ich habe mir hierfür bspw. auf meinem Android-Smartphone ein Shortcut-Widget erstellt mit einem mailto-Link: „mailto:meine@emailadresse1X3.xyz“ als URL: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.deltacdev.websiteshortcut&hl=de_AT.

Ausgefuchstere Notiz-Werkzeuge gibt es inzwischen natürlich auch, angefangen bei Klassikern wie Evernote bis hin zu neuen Apps und Tools, die jedes Jahr entwickelt werden. Notion hat aktuell beispielsweise einen kostenfreien Workspace für Student:innen im Angebot. Für kollaborative Notizen gibt es Dienste wie HackMD und spezielle Dienste für Wissenschaftler:innen gibt es mit Roam, Auratikum, Zotero, Citavi, Mendeley, JabRef, und vielen mehr ebenfalls.

Bei der Auswahl sollte bei sensiblen Notizen darauf geachtet werden, dass diese möglichst verschlüsselt sind, bestenfalls mit einer „Zero-Knowledge-Verschlüsselung“ wie bei Standard Notes. „Zero- Knowledge“ bedeutet, dass die Notizdienst-Administrator:innen nicht einfach mal so in Eure Notizen schauen können, weil diese nur verschlüsselt auf dem Betreiber-Server abgelegt werden. Insbesondere wenn in den Notizen sensible Informationen enthalten sind, sollte Verschlüsselung eigentlich längst Standard sein. Für längere Notizen benutze ich derzeit sehr gerne Notejoy, welches allerdings nur im Premium-Tarif ein Verschlüsselungsfeature anbietet.

Wer längere Notizen gerne öffentlich ablegen möchte, sodass Andere ggf. dadurch auf interessante Inhalte aufmerksam werden, ist mit Blogs gut bedient. Direkt für eine größere Öffentlichkeit schreiben, statt nur für sich selbst, kann enorm hilfreich sein im Schreibprozess und beim Ausarbeiten eigener Gedanken. So bietet die FU Berlin ihren Studis eine Blogplattform an, teils gibt es in den einzelnen Disziplinen bereits Blogportale wie Hypotheses in den Geistes-und Sozialwissenschaften. Mit Domain it Yourself wurde kürzlich ein Podcast gestartet, um Studierenden mehr (digitale) Freiheiten an Hochschulen zu ermöglichen. Kleinere Gedankenfetzen können auf Twitter oder Mastodon abgelegt werden.

Tolle Anregungen, Matthias! Aber wie fängt man jetzt an, sein eigenes System zu entwerfen?

Das Netz ist voll mit vielfältigen Anregungen, bspw. im Podcast mit Beat Döbeli, der sich ein eigenes Biblionetz entwarf oder im Blog von Lars Bobach, der sein perfektes Notizbuchsystem vorstellt. Was ich unbedingt auch noch ausprobieren möchte in Zukunft: Ein handschriftliches Bullet Journal führen – dieses stellt u.a. Huberta Weigl in ihrem Schreibwerkstatt-Blog vor.

Zwei Dinge zum Abschluss:

  • 1. Du bist nicht allein mit diesen Herausforderungen. Es gibt viele Communities, in denen sich Menschen zu Selbstorganisation und Selbstmanagement austauschen, z.B. im beruflichen Kontext in „Working out loud“- Zirkeln oder im studentischen Bereich in der Schreibwerkstatt für Studierende-Facebook-Gruppe.
  • 2. Selbstmanagement bedeutet natürlich zum einen, möglichst effizient zu arbeiten, Deadlines einzuhalten und seine Vorhaben geregelt zu kriegen. Es geht aber ebenso darum, achtsam mit sich selbst, seiner Kraft und seiner Lebenszeit umzugehen. Du bist kein Roboter. Anregungen hierzu gibt es u.a. in Die Kunst, ein kreatives Leben zu führen. Anregung zur Achtsamkeit von Frank Berzbach.

Aber wie anfangs bereits gesagt, ich struggele selbst mit dem Thema Notizmanagement und habe die Hochschulwelt inzwischen verlassen, also lasst euch von mir nichts erzählen. 😉

Viel Erfolg beim Suchen und Finden!

Über den Autor:

Matthias Andrasch ist derzeit als Web-Entwickler tätig, hat Medienbildung an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg sowie Pädagogik und Management in der Sozialen Arbeit an der TH Köln studiert. Er arbeitete u.a. als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität zu Köln im Projekt OERlabs und entwickelt in seiner Freizeit Bildungsexperimente wie das OERhörnchen oder #KlimakriseSchnelldurchlauf.

 

CC0/Public Domain
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Notizen bei der Recherche (Gastbeitrag von Lars Schmeink) #Notizschreibwochen2020

Beim Schreiben von Abschlussarbeiten, Artikeln, Vorträgen — also eigentlich in allen Facetten des wissenschaftlichen Arbeitens — begebe ich mich auf Recherche und muss eine Menge Informationen aus der Sekundärliteratur in meine eigene Arbeit ‚einpflegen‘. Da ich nicht so gut darin bin, mir zehn oder zwanzig Artikel und deren Inhalte oder wichtige Stellen zu merken, mache ich mir Notizen zu jedem Text, den ich für eine Recherche lese.

Ich fange meistens ganz pragmatisch an, lege mir alle Texte zurecht, die ich für ein spezielles Thema bearbeiten möchte. Meist überlege ich mir grob, wie meine Arbeit aussehen soll, welche Argumente evtl. relevant werden könnten, welche Themenbereiche in den Texten für mich wichtig sein werden. Ich erstelle mir quasi eine Liste mit ‚Tags‘, worauf ich beim Lesen achten will. Und dann lese ich – mit Vorliebe als PDF am Rechner – die Texte mit Blick auf meine Tags. Und beim Lesen kommen dann teilweise noch weitere ‚Tags‘ dazu.

Wenn ich eine Textstelle finde, die Bezug zu meinen Argumenten hat, die einen ‚Tag‘ aufruft, dann kopiere ich diese Stelle in ein leeres Dokument (copy&paste bei PDFs und manuelles ‚Abschreiben‘ bei analogen Quellen) und schreibe mir evtl. noch ein, zwei hilfreiche Punkte dazu auf. Wenn ich schon weiß, wie ich das später in meinen Artikel einbauen will, dann schreibe ich gleich was dazu. Wichtig ist auch, gleich die Quelle vollständig dazu zu schreiben, weil man sonst später viel Zeit und Energie darauf verwendet, die selbe Stelle wieder zu finden.  So gehe ich den ganzen Text durch und sammle ‚Zitate‘.

Wenn ich dann schreibe, brauche ich nicht hunderte Seiten Sekundärquellen durchgehen, sondern nur meine rauskopierten Zitate, damit finde ich viel schneller bestimmte Argumente wieder oder kann wichtige Gedanken der Quellen erneut nachvollziehen. Das macht die Menge der Sekundärmaterialien leichter zu handhaben und die eigene Arbeit besser strukturierbar.

Über den Autor:

Dr. Lars Schmeink ist Projektmanager im Bereich eLearning an der HafenCity Universität Hamburg. Zusätzlich arbeitet er im BMBF-geförderten Projekt „FutureWork: Arbeit im Übergang zum 22. Jahrhundert“  am Karlsruher Institut für Technologie. Er ist der Autor von Biopunk Dystopias (Liverpool UP, 2016) und Mitherausgeber von Cyberpunk and Visual Culture (Routledge, 2018) und The Routledge Companion to Cyberpunk Culture (Routledge, 2020). Mehr Informationen unter www.larsschmeink.de.

 

CC BY 4.0
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