Eine Studierende, die vor mehreren Semestern am Seminar „Wissenschaftliches Arbeiten“ teilgenommen hat, stellte folgende Anfrage:
„Es geht um Artikel, deren Ergebnisse eine Literaturrecherche sind, d.h. sie machen nicht selbst einen Versuch, sondern tragen die Ergebnisse von vielen hundert Anderen zusammen und das Ergebnis ist dann ein Überblick.
Wie verwende ich so eine Quelle? Darf ich den Autor zitieren und die Ergebnisse von einem Dritten sozusagen daraus nehmen? Oder muss ich alle Quellen dieses Artikels zitieren?“
Beschrieben werden in dieser Anfrage sogenannte Review-Artikel: In Form eines Literaturüberblicks wird der Forschungsstand zu einem bestimmten Thema zusammengefasst. Es gibt übrigens sogar so etwas wie ein „wissenschaftliches“ Vorgehen, um so ein Review als sogenanntes systematisches Literatur-Review zu erstellen.
In manchen Datenbanken wie z.B. Web of Science können Recherche-Ergebnisse sogar extra auf diesen Dokumententyp eingeschränkt werden.
Solche Übersichtsarbeiten bzw. Reviews werden gern zitiert, weil man sich damit tiefergehende Literaturrecherchen eventuell ersparen kann. Dies führt also dazu, dass solche Artikel von anderen Autoren sehr oft zitiert werden. Zeitschriften, die oft solche Review-Artikel enthalten, haben hohe sogenannte Impact-Faktoren, die ein quantitatives Maß für die Bedeutung einer Zeitschrift darstellen können. Man sieht andererseits aber am Beispiel von Reviews auch, dass hohe Zitatraten nicht immer etwas über die wirkliche inhaltliche Qualität von Artikeln und Zeitschriften aussagen müssen.
Natürlich kann man also solche Review-Artikel zitieren, sollte man sogar. Findet man hier allerdings Ergebnisse Dritter, die für die eigene Fragestellung relevant sind, sollte man sich die originale Quelle beschaffen und diese dann auch selbst zusätzlich zitieren. Hier gilt also die wichtige Regel, Artikel nur zu zitieren, wenn man auch das komplette Dokument, den Volltext dieses Artikels, „in den Händen“ bzw. auf dem Bildschirm hat. Dass die einfache Übernahme eines Artikels in die eigene Literaturliste, ohne sich die eigentliche Quelle anzuschauen, schief gehen kann, zeigte ja schon ein anderer Beitrag in diesem Blog.
Und sollte der Artikel – aus welchen Gründen auch immer – nicht beschaffbar sein (auch nicht über Fernleihe!?), dann sollte man die wichtigen Ergebnisse aus dem Review-Artikel anführen und im Text zitieren, indem man beide Aufsätze, den Review-Artikel X und den dort zitierten Original-Artikel Y, angibt. Die Form dieser Angabe ist abhängig vom jeweiligen Zitierstil, z.B. „Autor Quelle Y zitiert nach Autor Quelle X“ oder „Autor Quelle Y nach Autor Quelle X“. Der Artikel Y muss dann in der Literaturliste im Allgemeinen nicht genannt werden.
Eine Kurzübersicht zum Thema Zitieren insgesamt bietet übrigens ein Handout, das auch die Studierenden des aktuellen Seminars bekommen haben.