„Wissenschaftliche Arbeit wird überwiegend von äußerst unterschiedlichen Gruppen von Akteuren betrieben – Forschern aus verschiedenen Disziplinen, Amateuren und Professionellen, Menschen und Tieren, Funktionären und Visionären. Vereinfacht gesagt ist wissenschaftliche Arbeit heterogen. Zugleich erfordert Wissenschaft Kooperation – um gemeinsame Übereinkünfte zu erzielen, für Verlässlichkeit auf allen Gebieten zu sorgen und Informationen zu sammeln, die zeit- und raumübergreifend und in allen lokalen Eventualitäten ihre Integrität bewahren. Dies führt zu einer zentralen Spannung in der Wissenschaft, die zwischen unterschiedlichen Perspektiven und dem Bedarf an verallgemeinerbaren Befunden entsteht.“
(Star, Susan Leigh: Grenzobjekte und Medienforschung. (hg. von Sebastian Gießmann und Nadine Taha). Bielefeld: transcript Verlag 2017, S. 81.)
Dieses Zitat beschreibt treffend die moderne Situation angesichts einer Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen. Es unterstreicht, dass ein Nachdenken über Wissenschaft das Bewusstmachen umfasst, dass es unterschiedliche Sichten auf Wissenschaft gibt und dass es nicht DIE Wissenschaft gibt, sondern dass man eigentlich von Wissenschaften mit ihren unterschiedlichen Sichten, Paradigmen und Methoden sprechen muss.
Zu Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit
Eine der vier Leitideen bzw. Kerne der Hamburg Open Online University (HOOU) ist die Wissenschaftlichkeit – neben der Lernendenorientierung und Kollaboration, der Öffnung für neue Zielgruppen und die zivilgesellschaftliche Relevanz sowie Openness und Open Educational Resources (OER). Diese wird wie folgt benannt:
„Das Lernen im Kontext der HOOU orientiert sich an akademischem Lernen und fördert das Problemlösen, das gemeinsame Reflektieren und Gestalten und damit das wissenschaftliche Denken und Arbeiten. Die Lernmaterialien haben akademisches Niveau und entstammen dem wissenschaftlichen und künstlerischen Kontext oder sind wiederum Ergebnis und Produkt von individuellen oder gemeinsamen Lernprozessen.“
Offen bleibt hier aber letztlich, was Wissenschaftlichkeit nun aus Sicht der HOOU definiert. Dies könnte durchaus klarer formuliert sein. Anregungen dazu bieten z.B. folgende Texte:
- Böhle, Fritz: Was ist Wissenschaft? Anregungen zu einer (Re-)Definition der Wissenschaftlichkeit anwendungsorientierter Bildungsforschung. In: Qualitätsentwicklung in der Berufsbildungsforschung. Hrsg. von Eckart Severing u. Reinhold Weiß. Bielefeld: Bertelsmann 2013 (Schriftenreihe des Bundesinstituts für Berufsbildung, Bonn 12). S. 49–59.
- Universität Stuttgart, Zentrum für Lehre und Weiterbildung zlw: Wissenschaftlichkeit. (25.9.2018).
- Universität Bielefeld, Fakultät für Erziehungswissenschaft: Leitfaden zur Wissenschaftlichkeit. (25.9.2018).
Wissenschaft als Begriff kann ganz unterschiedlich verstanden und verwendet werden.
- Wissenschaft als wissenschaftliche Tätigkeit, als eine Handlung, die wissenschaftliches Wissen, Wissen mit Begründungszusammenhang, erzeugt.
- Wissenschaft als Gesamtheit der im Forschungsprozess erzeugten Ergebnisse, Aussagen, Fakten, Theorien.
- Wissenschaft als Kulturbereich
- Wissenschaft als Institution, „Wissenschafts-Betriebssystem“
- Wissenschaft als Lebens- und Weltorientierung, mehr als Alltagswissen, berufsmäßig ausgeübte Methoden
Wissenschaft als Prozess | Wissenschaft als Ergebnis | |
Kurzzeit-Perspektive | Wissenschaftliche Ergebnisse, Aussagen, Fakten, Theorien als Publikation und Fachinformation | Wissenschaft als wissenschaftliche Tätigkeit, individuelle Handlung zur Gewinnung und Überprüfung wissenschaftlicher Ergebnisse |
Langzeit-Perspektive | Historisch-kulturelle Entwicklung von Wissenschaft als Kulturbereich, wissenschaftlicher Traditionen und wissenschaftlicher Fortschritt | Wissenschaft als Institution, „Wissenschaftsbetriebssystem“, Disziplinen, „Leitbilder“ (Paradigmen), Institutionen wie z.B. Hochschulen |
(nach Helfrich, Hede: Wissenschaftstheorie für Betriebswirtschaftler. Wiesbaden: Springer Gabler 2016. S. 3-4)