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#OAWeek2023: Ist DEAL ein guter Deal? Elsevier, Springer & Wiley

Was war nochmal DEAL? Für die meisten von Ihnen ist es im Oktober 2023 die Möglichkeit, Zeitschriftenartikel der Verlage Springer Nature und Wiley ohne Einschränkung zu lesen. Forschende freuen sich außerdem über eine Open-Access-Option für ihre Artikel, wenn ihre Manuskripte bei Zeitschriften dieser Verlage angenommen werden. DEAL hat aber auch etwas damit zu tun, dass neuere Artikel aus Zeitschriften bei Elsevier seit 2019 in der Regel hinter einer Bezahlschranke versperrt sind.

Wie ist es dazu gekommen und wie geht es weiter?

Am Anfang stand die Zeitschriftenkrise

“Als Zeitschriftenkrise wird im Bibliothekswesen das Problem bezeichnet, dass insbesondere seit Mitte der 1990er Jahre die Preise für Zeitschriften in den Bereichen Naturwissenschaft, Technik und Medizin (eng. Science, Technology, Medicine, kurz STM) stark anstiegen, während die Etats der Bibliotheken zur Erwerbung stagnierten oder rückläufig waren. Deshalb bestellten sie viele dieser Zeitschriftenabonnements ab. Dies wiederum führte zu weiteren Preiserhöhungen, weil die Verlage so die durch sinkende Abonnentenzahlen verursachten Einnahmeverluste auszugleichen versuchten. Dadurch entstand ein Teufelskreis, in dessen Verlauf der Zugriff auf aktuelle Forschungsinformationen für Wissenschaftler und andere interessierte Personen immer stärker eingeschränkt wurde” (Quelle: Wikipedia).

Verlage stellten ihre Zeitschriften außerdem zunehmend als Gesamtpaket zur Verfügung. Durch eine Zusatzgebühr waren dann z.B. bei Elsevier nicht mehr nur die ca 50 abonnierten Zeitschriften von Elsevier an der TUHH dauerhaft verfügbar, sondern – solange der Vertrag lief – auch Zugriff auf das gesamte Zeitschriftenportfolio möglich. Einige Zeitschriften der neuen “ScienceDirect Freedom Collection” wurden häufig gelesen, andere gar nicht. Das Geld war für den lesenden Zugriff in der Regel gut angelegt, stand aber für andere Verlage nicht mehr zur Verfügung.

Millionen für die Paywall

Die Verträge mit den Verlagen waren geheim. Aber es war offensichtlich, dass insbesondere für die STM-Verlage in Deutschland Millionen für den lesenden Zugriff auf Zeitschriften ausgegeben wurden. Während wir uns in Deutschland diesen Zugriff vielleicht noch leisten konnten, waren viele Wissenschaftler*innen in anderen Ländern vom Zugang zu dieser Literatur abgeschnitten. Auch die Publikationen der deutschen Wissenschaftler*innen blieben trotz aller Millionen weiterhin standardmäßig hinter der Paywall. Könnte man das nicht ändern, wenn man sich in Deutschland zusammenschließt und mit einer Stimme verhandelt?

DEAL kommt ins Spiel

DEAL ist eine Initiative der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen. Im Auftrag aller deutschen wissenschaftlichen Einrichtungen (einschließlich Universitäten, Fachhochschulen, Forschungseinrichtungen, Landes- und Regionalbibliotheken) verhandelt DEAL unter der Federführung der Hochschulrektorenkonferenz bundesweite transformative “Publish and Read”-Vereinbarungen mit den größten kommerziellen Verlagen für wissenschaftliche Zeitschriften: Elsevier, Springer Nature und Wiley. Mit Wiley (15.01.2019) und Springer (01.01.2020) kommt es zu Vertragsabschlüssen. Die Verhandlungen mit Elsevier scheitern. Alle Einrichtungen setzen ein Zeichen und kündigen ihre Zeitschriftenabonnements und Elsevier kappt den Zugang.

Und was bewirken die DEAL-Verträge?

Bei vielen (s. Anfang) Freude über den umfassenden Zugriff auf die Zeitschriften und diverse Open-Access-Publikationen, bei uns in der Bibliothek eher Ernüchterung. Wir hatten uns ein klares Bekenntnis zu reinen Open-Access-Zeitschriften erhofft, gekoppelt mit einem umsetzbaren Weg zur Transformation von geschlossenen (hybriden) Zeitschriften. Verträge sind immer ein Kompromiss und Geld wird selten eingespart. Mit DEAL finanzieren wir seit 2019 das bisher abgelehnte “Freikaufen” von Artikeln in Abonnementzeitschriften, während Artikel in reinen Open-Access-Zeitschriften nur einen Rabatt erhalten. Dennoch schätzen wir, dass Forschungsergebnisse aus der TUHH jetzt besser weltweit gelesen werden können und Forschung an der TUHH durch den Literaturzugriff unterstützt wird. Weltweit hat sich für viele Forschende aber nichts daran geändert, dass Open Access für diese an kaum finanzierbare Gebühren (APCs) gekoppelt ist.

Und was ist jetzt mit Elsevier? Es gibt einen Vertrag!

DEAL und Elsevier haben die jahrelange “Funkstille” überwunden und einen Vertrag abgeschlossen, dem wissenschaftliche Einrichtungen in Deutschland ab sofort beitreten können: DEAL & Elsevier. Mit dem Vertrag wird nur dann eine Zahlung für Publikation und Lesezugriff (PAR-Fee) fällig, wenn ein Artikel publiziert wird. Das ist neu. Ob der Vertrag tatsächlich im Januar zustande kommt, hängt davon ab, ob die Einrichtungen, deren Forschende insgesamt einen Großteil der Publikationen erzeugen, dem Vertrag beitreten.

Die TU Hamburg hat den Beitritt zur Teilnahme unterschrieben. Damit möchten wir Ihnen so schnell wie möglich wieder lesenden Zugriff auf Elsevier-Zeitschriften bieten und Sie beim Open-Access-Publizieren in diesen Zeitschriften unterstützen.

Und ist DEAL jetzt ein guter Deal?

Disclaimer: Die DEAL-Verträge mit Wiley und Springer laufen zum Jahresende aus und Konditionen für die Laufzeit ab 2024 sind uns heute noch nicht bekannt.

Wenn es um das bezahlbare Lesen und Publizieren und die zugehörigen Rechte geht, dann ist der DEAL-Vertrag mit Elsevier für die TUHH ein guter Verhandlungskompromiss. Viele für die TUHH relevante Fachzeitschriften sind in diesen Paketen enthalten. Wenn wir jedoch die digitale Souveränität und die Disruption des von wenigen großen Konzernen beherrschten Publikationsmarktes anstreben, dann treten wir mit Verträgen wie diesen auf der Stelle. Die Verlage verdienen mit transformativen Verträgen gut an Abonnements und Publikationen, und es gibt aus ihrer Sicht kaum einen Grund, etwas daran zu ändern.

Gibt es Alternativen?

Wenn man sich überlegt, welche langfristigen Möglichkeiten mit dem Budget für “Transformationsverträge” zur Verfügung stünden: eine ganze Menge. Aber es ist Sache der Wissenschaft. Die Wissenschaft entscheidet, wo sie sich trifft, wie sie kommuniziert und wie sie einander bewertet. Aus den Fach-Communities heraus gibt es diverse Überlegungen, wie man wissenschaftliches Publizieren heute gestalten kann. Einer dieser Aspekte ist die klare Trennung von Inhalten, die den Wissenschaftler*innen gehören, und den Dienstleistungen, die Publikationsdienstleister wie Verlage bereitstellen. Ein anderer Aspekt die Vermeidung von Tracking. Begleitet werden diese von neuen Finanzierungsmodellen, die eine zentrale und nachhaltige Finanzierung qualitätsgesicherter Publikationen ermöglichen, ohne Autor*innen und Leser*innen auf “Artikelbasis” zu belasten. Eine Option des sogenannten Diamond Open Access wurde gestern mit Subscribe to Open an der TUHH vorgestellt und diskutiert. Bisher sind aber nur kleine Verlage bei diesen Modellen an Bord.

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