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#OAWeek2025: Sprache, Sichtbarkeit und Zugang – Eine brasilianische Perspektive auf Openness

Am 7. Oktober 2025 durften wir an der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Hamburg (TUB) Luciana Mara Silva von der Universidade do Estado de Santa Catarina (UDESC) in Brasilien begrüßen. Im Rahmen ihrer Arbeit unterstützt sie Forschende bei Fragen zu Publikationen, dem Repositorium der UDESC und weiteren Themen aus Forschung und Wissenschaft. Das Repositorium der UDESC funktioniert ähnlich wie TUHH Open Research – es macht die Forschungsergebnisse der Hochschule sichtbar und frei zugänglich.

Bei einem Rundgang – ergänzt durch eine vorherige Gesprächsrunde – berichtete Luciana Mara Silva, wie Open Science und Open Access in Brasilien umgesetzt werden, welche Rolle Repositorien dabei spielen und was sie mit dem diesjährigen Motto der Open Access Week „Who Owns Our Knowledge?“ verbindet. Begleitet wurden wir dabei von ihrer Kollegin Dayanne Dornelles (Koordinatorin der UDESC Universitätsbibliothek) und einem Übersetzer. Für das Gespräch hatten wir unter anderem sieben Fragen vorbereitet.

Wir treffen Luciana im Eingangsbereich der TUB. Um uns herum der typische Bibliotheksalltag: Studierende auf dem Weg zu ihren Arbeitsplätzen, leise Stimmen am Service Point. Sie beginnt:

1. Was bedeutet Open Science für Sie persönlich und für Ihre Arbeit an der UDESC?

Für mich bedeutet Open Science einen grundlegenden Wandel in der Art und Weise, wie wir wissenschaftliches Wissen produzieren, teilen und demokratisieren. An der UDESC ermutigen wir Forschende, in hochrangigen wissenschaftlichen Zeitschriften zu veröffentlichen und fördern die breite Verbreitung von Forschungsergebnissen über unser institutionelles Repositorium.

In meiner täglichen Arbeit bedeutet das, sicherzustellen, dass die Abschlussarbeiten, Dissertationen, wissenschaftlichen Artikel und anderen akademischen Veröffentlichungen der UDESC nicht nur der akademischen Gemeinschaft zugänglich sind, sondern der gesamten Gesellschaft, die öffentliche Forschung finanziert.

Bei unserem Gang durch die Bibliothek halten wir zwischen den Recherche-PCs und Abholregalen. Hinter uns tippt jemand leise an einer Tastatur. Luciana erklärt:

2. Wie wird Open Access in Brasilien umgesetzt? Gibt es besondere Chancen oder Herausforderungen?

Brasilien hat eine positive Perspektive und entwickelt sich mit Unterstützung von Regierungsbehörden wie IBICT, CAPES und Förderagenturen ständig weiter.

Chancen:

  • Wachstum des brasilianischen Netzwerks digitaler Repositorien
  • Zunehmend konsolidierte institutionelle Richtlinien
  • Kooperationsprojekte wie IBICT

Spezifische Herausforderungen:

  • Einschränkungen der technologischen Infrastruktur
  • Notwendigkeit tiefgreifender kultureller Veränderungen in der akademischen Gemeinschaft
  • Begrenzte Ressourcen für die Umsetzung umfassender Richtlinien
  • Fragen zu Finanzierung und Nachhaltigkeit von Repositorien

Wir betreten nun die Rotunde der TUB, einen hohen, verglasten Raum voller Tageslicht. Die pastellfarbene Einrichtung hebt sich von den hellen Wänden ab, der Raum klingt offener, leicht hallend. Ab und zu das Rascheln einer Zeitung. Luciana lässt ihren Blick durch den Raum schweifen, bevor sie sagt:

3. Welche Rolle spielen Repositorien wie das der UDESC für die Sichtbarkeit und Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen?

Institutionelle Repositorien stellen den Startschuss für die Open-Access-Bewegung dar und spielen eine entscheidende Rolle bei der Demokratisierung des Wissens. Das UDESC-Repositorium:

  • Bewahrt das intellektuelle Erbe der Universität für zukünftige Generationen
  • Erhöht die Sichtbarkeit der Forschung von Santa Catarina auf nationaler und internationaler Ebene
  • Demokratisiert den Zugang zu mit öffentlichen Mitteln produziertem Wissen
  • Stärkt die institutionelle Identität durch die systematische Organisation der akademischen Produktion
  • Erleichtert die Forschungsentdeckung durch die Integration mit nationalen Plattformen

Unser Repositorium ist nicht nur ein digitales Archiv. Es ist auch ein strategisches Instrument zur Verwaltung der intellektuellen Produktion der Universität.

Wir sind noch in der Rotunde, wo gerade Studierende an einem von der Bibliothek bereitgestellten Puzzle tüfteln. Luciana Mara Silva beobachtet sie kurz, bevor wir über das Motto der Open Access Week 2025 sprechen.

4. Das Motto der diesjährigen Open Access Week lautet „Who Owns Our Knowledge?“ Wie würden Sie diese Frage beantworten?

Dies ist eine provokante und im aktuellen Kontext äußerst relevante Frage. Sie lädt uns ein, über Macht, Kontrolle und die Demokratisierung von Wissen nachzudenken.

Wissenschaftliches Wissen, insbesondere das mit öffentlichen Mitteln finanzierte, muss der Gesellschaft gehören. Wir dürfen nicht zulassen, dass kommerzielle, technologische oder sprachliche Barrieren den Zugang zu Wissen einschränken. Wir müssen die öffentlichen Infrastrukturen für wissenschaftliche Kommunikation und interinstitutionelle Partnerschaften stärken.

Auf dem Weg zum Magazin kamen wir mit mehreren Kolleginnen der TUB ins Gespräch. Eine Kollegin aus der Medienbearbeitung berichtet von ihrer Arbeit rund um TUHH Open Research (TORE). Luciana hört interessiert zu und erzählt im Gegenzug von ihren Erfahrungen an der UDESC.

Dabei kommt auch das Thema Sprachbarrieren auf. Luciana erzählt, wie diese die Sichtbarkeit von Forschung aus Brasilien beeinflussen.

5. Sprache spielt in der Wissenschaft eine große Rolle. Welche Erfahrungen machen Sie mit Sprachbarrieren? Beeinflussen diese die Sichtbarkeit von Forschung aus Brasilien?

Sprachbarrieren sind eine der Herausforderungen für die brasilianische Wissenschaft. Es ist wichtig, die thematische, sprachliche und kulturelle Vielfalt der brasilianischen Wissenschaft zu bewahren und wertzuschätzen – sie macht ihre einzigartige Identität aus. Angesichts des Aufkommens der Generativen Künstlichen Intelligenz ist der Verlust sprachlicher Vielfalt besorgniserregend, und wir müssen handeln. Die Förderung mehrsprachiger Abstracts und Metadaten ist ein Beispiel dafür.

Wir betreten nun das Magazin der TUB, einen ruhigen Bereich, in dem die Bücher in hohen Regalen dicht aneinandergereiht stehen. Am anderen Ende fällt gedämpftes Licht durch die Fenster. Lucianas Blick wandert zur mittlerweile stillgelegten Buchtransportanlage. Auf Nachfrage erkläre ich kurz ihre Funktionsweise, bevor wir zwischen den Regalen weitergehen. Luciana berichtet von ihren Erfahrungen im Austausch mit Kolleg*innen in Europa. Sie reflektiert über die Bedeutung internationaler Vernetzung – später in der Woche wird sie zudem die Open Science Conference in Hamburg besuchen.

6. Wie wichtig ist internationaler Austausch für die Weiterentwicklung von Open Science? Was nehmen Sie aus Ihrem Besuch an der TUB Hamburg mit?

Internationaler Austausch ist unerlässlich, um die Einführung bewährter Open-Science-Verfahren zu beschleunigen. Die Zusammenarbeit umfasst:

  • Erfahrungsaustausch zu Richtlinien und Infrastruktur
  • Kennenlernen von Modellen zur Nachhaltigkeit von Repositorien
  • Entwicklung internationaler Interoperabilitätsstandards
  • Aufbau kollaborativer Forschungsnetzwerke

In der Ferne hören wir einen Kollegen, der vermutlich gerade einem Regal einige Bücher entnimmt. Luciana wirft einen kurzen Blick in die stillen Gänge zwischen den hohen Regalen, bevor sie über ihre Eindrücke zu Open-Access- und Open-Science-Aktivitäten in Europa spricht:

7. Wenn Sie an Open-Access- und Open-Science-Aktivitäten in Europa denken: Was ist das Erste, das Ihnen in den Kopf kommt? Gibt es Dinge, die Ihnen hier besonders auffallen oder die anders sind als in Brasilien?

Erster Eindruck: Europa verfolgt einen systematischeren Ansatz und verfügt über eine konsolidierte Infrastruktur für Open Science. Investitionen in technologische Infrastruktur und Humanressourcen sind offensichtlich.

Gleichzeitig kann Europa von unserer Kreativität in Kontexten mit begrenzten Ressourcen lernen. Beide Seiten können bei Fragen der sprachlichen und kulturellen Vielfalt in der Wissenschaft zusammenarbeiten.

Dieser Besuch bietet eine einzigartige Gelegenheit, die Brücken zwischen unseren akademischen Gemeinschaften zu stärken und gemeinsam auf dem Weg zu einer globalen und offenen Wissenschaft voranzukommen.

Zurück vor dem Eingang der Universitätsbibliothek, gegenüber dem Audimax II der TUHH, verabschieden wir uns von Luciana Mara Silva. Wir sprechen noch kurz über ihre Pläne für die kommenden Tage in Hamburg, bevor sie an der Open Science Conference teilnimmt. Wir danken ihr herzlich für das aufschlussreiche Gespräch und die Einblicke in die brasilianische Perspektive auf Open Science und Open Access. Der Austausch macht einmal mehr deutlich, wie wertvoll internationale Vernetzung für die Weiterentwicklung offener Wissenschaft ist – gerade in einer Woche, die unter dem Motto „Who Owns Our Knowledge?“ den offenen Zugang zu Wissen in den Mittelpunkt stellt.


Wir beraten Sie gerne zum Thema Open Access

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Open Access Team der TUHH
E-Mail: openaccess@tuhh.de

Offene Open-Access-Sprechstunde: Freitags in der Zeit von 10:00 Uhr bis 10:30 Uhr.
Über Zoom (Kenncode: 190591)


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