Die Anforderungen der Forschungsförderer und die Regeln der Guten Wissenschaftlichen Praxis erfordern einen nachhaltigen und systematischen Umgang mit Forschungsdaten. Entsprechende Leitlinien helfen Forschenden dabei, sich vor Projektbeginn mit den Anforderungen an das FDM auseinanderzusetzen.
Auf dieser Seite erfahren Sie:
- Was sind Forschungsdaten?
- Was ist Forschungsdatenmanagement?
- Warum soll ich FDM betreiben?
- Welchen Leitlinien bieten Orientierung?
- Weiterführende Links
- Wo bekomme ich Unterstützung?
Was sind Forschungsdaten?
Der Begriff Forschungsdaten umfasst alle Daten, die im Zusammenhang mit Forschung gesammelt, beobachtet, abgeleitet, simuliert oder auf andere Weise generiert werden1. An der TUHH fallen sowohl von der Menge als auch vom Typus vielfältige Daten an, zum Beispiel: Messdaten, Laborwerte, Audios, Videos, Texte, Bilder, Trainingsdaten und Proben. Auch Methoden, (elektronische) Laborbücher, Software und Simulationen gehören als Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit zu den Forschungsdaten.
Was ist Forschungsdatenmanagement?
Im Forschungsdatenmanagement (FDM) geht es um den bewußten und sorgfältigen Umgang mit Forschungsdaten über deren gesamten Lebenszyklus. FDM begleitet den Forschungsprozess von der Planung eines Projektes bis zur Nachnutzung der Daten. Damit verbunden sind die Erhebung, Verarbeitung, Auswertung, Sicherung, Dokumentation, Publikation und langfristige Aufbewahrung der Daten.
Warum soll ich Forschungsdatenmanagement betreiben?
Ein verantwortungsvoller, offener Umgang mit Forschungsdaten trägt maßgeblich zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis bei. FDM fördert die Transparenz und Reproduzierbarkeit von Forschungsprozessen und Forschungsergebnissen, was nicht zuletzt Ihnen selbst als Forschende zugute kommt. Denn: Forschungsdaten sind gleichermaßen Grundlage und Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit.
Die Research Data Scary Tailes des Kompetenznetzwerkes FDM an den Thüringer Hochschulen schildern eindrücklich, welche Folgen Fehler im Datenmanagement nach sich ziehen können. Das Spektrum dieser realen FDM-Vorfälle reicht von Unanehmlichkeiten im Forschungsalltag bis hin zu endgültigen Auswirkungen für Wissenschaft und Gesellschaft.
Ein Beispiel (siehe Illustration von Sandruschka links)? Am 21. Juli 1969 betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. Die Originale der Filme, die er von diesem historischen Ereignis machte, sind bereits seit den 1980er Jahren unwiederbringlich verloren. Die heutzutage bekannten Aufnahmen von der Mondlandung stammen zumeist von abgefilmten Fernsehbildschirmen, was wiederum eine Welle von Verschwörungstheorien auslöste.
Welchen Nutzen hätte FDM bezogen auf dieses Beispiel gehabt? Die Auflösung finden Sie in der Scary Taile Unscharfer Mondmann.
Dieses Video berichtet vom sorglosen Umgang mit Forschungsdaten im Kontext der Mondlandung2.
Welche Leitlinien bieten Orientierung?
Leitlinien oder Richtlinien (engl. policies) schreiben für alle Mitarbeiter*innen einer Institution fest, wie mit Forschungsdaten umzugehen ist und welche Verfahren beim FDM eingesetzt werden sollen. Solche begleitenden Regelwerke existieren auch für Förderorganisationen, Herausgebergremien und Verlage und bieten mittlerweile eine wichtige Orientierungshilfe.
Leitlinien der TU Hamburg
Die TUHH hat im Mai 2024 eine neue Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens veröffentlicht, in der der verantwortungsvolle Umgang mit Forschungsdaten festgelegt ist. Bereits im Mai 2021 wurden spezifische Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten verabschiedet. Diese Leitlinien informieren die Forschenden der TU Hamburg darüber, wie sie die Anforderungen an das Forschungsdatenmanagement in ihren Projekten umsetzen können.
Leitlinien und Richtlinien der Forschungsförder (Stand: Februar 2024)
Immer mehr Förderorganisationen erwarten ein transparentes, auf Öffentlichkeit ausgerichtetes Forschungsdatenmanagement. Dies bedeutet v. a., dass Forschungsdaten mit so wenigen Einschränkungen wie möglich offen zur Verfügung gestellt werden sollen. Ebenfalls verlangen viele Förderorganisationen Angaben zum Umgang mit den Daten im Projekt und zu deren möglichen Weiterverwendung nach Projektabschluss.
Wir empfehlen daher allen Antragstellenden, sich mit den Leitlinien bzw. Richtlinien der jeweiligen Förderorganisation auseinanderzusetzen und im Antrag konkrete Aussagen zu deren Umsetzung zu formulieren. Gerne unterstützen wir Sie bei dieser Aufgabe.
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Die DFG stellt in ihren Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis (KODEX) Richtlinien zur Förderung der wissenschaftlichen Integrität bereit. Darin stellt sie an das FDM im Kern drei Anforderungen. Forschende sollen:
- phasenübergreifende Qualitätssicherung betreiben (Leitlinie 17),
- öffentlichen Zugang zu den Forschungsdaten gewähren (Leitlinie 13) und
- Forschungsdaten für mindestens 10 Jahre archivieren (Leitlinie 17).
Die Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten (PDF, 146 KB) konkretisieren diese Anforderungen und bieten Hinweise zur Antragsstellung bezogen auf das FDM:
- Ausführungen zum FDM: In Anträgen ist ein Abschnitt mit einer Beschreibung zum Umgang mit Forschungsdaten verpflichtend. Als Ausgangspunkt dient die Checkliste zum Umgang mit Forschungsdaten (PDF, 33 KB). Der Grad der erforderlichen Ausführungen unterscheidet sich je nach Förderprogramm. Zum Projektabschluss ist eine Dokumentation und Beschreibung der Forschungsdaten erforderlich.
- Öffentliche Bereitstellung: Sofern keine Rechte Dritter betroffen sind, sollen alle relevanten Daten in einer Verarbeitungsstungsstufe bereit gestellt werden, die eine sinnvolle Nach- und Weiternutzung durch Dritte ermöglicht. Die Daten sollen so zeitnah wie möglich veröffentlicht werden.
- Langfristige Sicherung: Die Daten sollen in der eigenen Einrichtug oder in einer fachlich einschlägigen überregionalen Forschungsdateninfrastruktur für mindestens 10 Jahre archiviert werden.
Projektspezifische Kosten für das Datenmanagement können beantragt werden.
Weitere Informationen:
Europäische Kommission – Horizon Europe
Das neunte Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Kommission, Horizon Europe (2020 – 2027), stellt folgende Anforderungen an das Forschungsdatenmanagement:
- Ausführungen zum FDM: Im Antrag muss auf circa einer Seite dargelegt werden, wie der Umgang mit den Daten und weiteren Forschungsergebnissen bezugnehmend auf die FAIR Data Prinzipien (auffindbar, zugänglich, interoperabel, wiederverwendbar) geplant ist. Zum Anfang des Projektes, i. d. R. in Monat sechs, müssen Forschende einen Datenmanagementplan (DMP) vorlegen. Dieser soll zum Projektende aktualisiert werden.
- Öffentliche Bereitstellung: Alle Forschungsdaten, die benötigt werden, um Ergebnisse aus Textpublikationen zu validieren, müssen in einem vertrauenswürdigen Repositorium veröffentlicht werden. Ausnahmen sind aus bestimmten Gründen möglich. Die Daten sollen so zeitnah wie möglich, spätestens jedoch mit Publikation der zugehörigen Textpublikation veröffentlicht werden.
- Datenhaltung nach den FAIR-Prinzipien: Persistente Identifier sind erforderlich, Metadaten müssen unter der Creative-Commons-Lizenz CC-0 (oder Äquivalent) verfügbar sein, Daten müssen unter der Lizenz CC-BY oder CC-0 (oder Äquivalent) veröffentlicht werden.
Einzelne Ausschreibungen können zusätzliche Anforderungen haben. Die Kosten für das Datenmanagement sind anrechenbar.
Weitere Informationen:
- Flyer Horizon Europe, Open Science3
- Antragstemplate für Verbundprojekte (PDF, 2.110 KB) – Ausführungen zum Datenmanagement auf S. 9
- Programme Guidelines (PDF, 1.108 KB)
- Template Datenmanagementplan (DOCX, 101 KB)
VolkswagenStiftung
Leitgedanke der Volkswagenstiftung ist, dass die in von ihr geförderten Projekten generierten wichtigen Forschungsdaten möglichst offen zur Verfügung gestellt werden und dass gleichzeitig die datenarbeitenden Wissenschaftler*innen einen möglichst großen akademischen Credit bekommen. Im Einzelnen sind folgende Maßnahmen erforderlich:
- Ausführungen zum FDM: Bei Antragstellung von datengenerierenden oder -nutzenden Projekten in Disziplinen ohne eindeutigen Workflow ist die Einreichung eines digitalen Konzepts in Form eines Datenmanagementplans gefordert. Es wird empfohlen, den DMP als Living Document zu nutzen.
- Öffentliche Bereitstellung: Für die Forschung (potenziell) relevante Daten sollen in öffentlichen, nicht-kommerziellen Repositorien gespeichert werden. Es wird empfohlen, frühzeitig zu klären, was das Zielrepositorium ist.
- Weitere Vorgaben: Vom Antragestellenden generierte Open Data sind im CV für den Begutachtungs- und Entscheidungsprozess auszuweisen.
Die VolkswagenStiftung stellt zusätzliche Mittel für die Aufbereitung von entstehenden/entstandenen Forschungsdaten für bewilligte Projekte zur Verfügung.
Weitere Informationen:
Journal-Policies
Richtlinien von Zeitschriften kommt eine besondere Bedeutung zu. Der Zugang zu Daten, die Grundlage einer Publikation sind, ist zum einen im Rahmen der inhaltlichen Qualitätssicherung durch Peer-Review-Verfahren vonnöten. Zum anderen fördern Herausgebergremien und Verlage verstärkt die offene Zugänglichkeit von wissenschaftlichen Daten.
Elsevier
Springer Nature
PLOS
Taylor & Francis
Erstellung einer Forschungsdaten-Policy
In Verbundprojekten ist das Aufsetzen einer eigenen Forschungsdaten-Policy sinnvoll, um einen gemeinsamen Standard für den Umgang mit den Daten zu etablieren. Dies gilt insbesondere, wenn verschiedenartige Forschungsdaten generiert werden und spezifische Bedarfe bestehen. Die TU Berlin hat einen strukturierten Leitfaden für die Erstellung von Forschungsdaten-Policies für Forschungsprojekte herausgegeben, der Orientierung und Handlungssicherheit bieten soll3.
Weiterführende Links
- Leitlinien und Policies. Grundregeln für den Umgang mit Forschungsdaten – Artikel auf forschungsdaten.info
- Gute wissenschaftliche Praxis und FDM. Ein Überblick über die DFG Leitlinien – Artikel auf forschungsdaten.info
- Softwareentwicklung in der Wissenschaft: Eine Handreichung zur Umsetzung der Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlichen Praxis der DFG – Artikel auf forschungsdaten.info
- Förderrichtlinien. Anforderungen an drittmittel-geförderte Projekte – Artikel auf forschungsdaten.info
Zitationen
- Deutsche Forschungsgemeinschaft: Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten. Verabschiedet durch den Senat der DFG am 30. September 2015. URL: http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/antragstellung/forschungsdaten/richtlinien_forschungsdaten.pdf ↩︎
- Mashable (2019): Where are the Lost 11 Appollo Moon Landing Pages? Verfügbar auf Youtube. URL: https://www.youtube.com/watch?v=D2xCisd8ZWg ↩︎
- Schmiederer, Simon und Monika Kuberek. 2022. Forschungsdaten-Policies für Forschungsprojekte: ein strukturierter Leitfaden. DOI: http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-16196. ↩︎
Benötigen Sie Unterstützung? Ich berate Sie gerne.
Ausführliche Informationen zu Forschungsdaten finden Sie auf der Informationsplattform forschungsdaten.info.