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Wer hat Angst vor CC-Lizenzen?

Open Access bedeutet, zumindest im engen, erstrebenswerten Sinn, nicht nur den kostenlosen Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen, sondern auch die Möglichkeit, sie frei weiterzuverbreiten und nachzunutzen. Um so ärgerlicher ist es, dass einige Verlage diese freie Nachnutzbarkeit in ihren als solche bezeichneten Open-Access-Publikationen aktiv behindern.

Offene Inhalte - Creative Commons LizenzenDie für die Nachnutzung notwendige Erlaubnis der Urheber/innen kann durch freie Lizenzen pauschal erteilt werden. Als Standard bei Open-Access-Publikationen haben sich Creative-Commons-(CC)-Lizenzen etabliert. Diese finden auch außerhalb der Wissenschaft Anwendung, so stehen beispielsweise die Inhalte von Wikipedia unter einer CC-Lizenz, ebenso viele Fotos auf Plattformen wie Flickr, Panoramio oder Wikimedia Commons, in letzter Zeit wird sogar Musik vermehrt unter solchen Lizenzen verbreitet.

CC-Lizenzen gibt es in zahlreichen Varianten, die eine abgestufte Einräumung von Nutzungsrechten erlauben. CC BY („Namensnennung“) ist die liberalste Lizenz, sie erlaubt die uneingeschränkte Weitergabe und Weiternutzung, auch zu kommerziellen Zwecken, aber immer unter der Bedingung der Nennung der Urheber/innen. Eine weit verbreitete, aber weiter einschränkende Lizenz ist CC BY-NC („Namensnennung-Nicht kommerziell“). Diese schließt die kommerzielle Nutzung aus, was erst einmal gut klingt, aber einige Probleme mit sich bringt, da nicht klar definiert ist, was unter „kommerzieller Nutzung“ zu verstehen ist, und das von Gerichten sehr eng gesehen wurde.

Für die Wissenschaft ist CC BY eigentlich ideal. Die Autor/innen erhalten ohnehin, von Ausnahmefällen abgesehen, auch bei herkömmlichen Veröffentlichungen kein Geld, sie sind aber üblicherweise an einer möglichst weiten Verbreitung ihrer Forschungsergebnisse interessiert und daran, dass diese mit ihrem Namen verbunden werden. Mit CC BY ist beides sichergestellt. Einerseits dürfen Veröffentlichungen weitergegeben und Texte und Bilder daraus in Vorträgen, Lehrveranstaltungen, populärwissenschaftlichen Medien etc. ohne weitere Genehmigung verwendet werden, und andererseits müssen die Autor/innen in der von ihnen gewünschten Form genannt werden.

In der Tat ist bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen unter den CC-Lizenzen CC BY am weitesten verbreitet. Von den rund 9500 im Directory of Open Access Journals (DOAJ) gelisteten Zeitschriften erscheinen 78 % unter einer CC-Lizenz, davon 49 % unter CC BY. Unter Gewichtung der einzelnen Publikationen ergibt sich ein noch deutlicheres Bild: Nach einer Untersuchung der Open Access Scholarly Publishers Association (OASPA) steht der überweigende Teil (rund 86 % im Jahr 2015) von Open-Access-Veröffentlichungen unter CC BY.

Einige Forschungsförderer, wie etwa der österreichische Wissenschaftsfonds FWF, die British Heart Foundation, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder (in bestimmten Fällen) die Europäische Kommission, verlangen sogar, dass von ihnen finanzierte Forschungsergebnisse unter CC BY veröffentlicht werden.

Umso befremdlicher ist, dass manche Wissenschaftsverlage zwar Open-Access-Zeitschriften im Programm haben, die Artikel aber nicht unter einer CC-Lizenz veröffentlichen, bzw. das nur gegen eine zusätzliche Zahlung erlauben.

Die American Chemical Society (ACS) als Herausgeberin zahlreicher Chemie-Fachzeitschriften bietet eine verwirrende Vielfalt von Open-Access-Modellen an. Allen gemeinsam ist die eigene, sogenannte „AuthorChoice license“. Auch CC-Lizenzen (CC BY oder CC BY-NC-ND) können gewählt werden, kosten aber 1000 $ zusätzlich (500 $ für ACS-Mitglieder). ACS begründet diese Kosten sogar, wenn auch mit wenig nachvollziehbaren und recht widersprüchlichen Argumenten. Etwas überspitzt zusammengefasst: CC-Lizenzen würden böse Dinge erlauben, seien andererseits restriktiver als die eigenen Lizenzen, und wenn der Förderer unbedingt möchte, dass die Publikation unter CC erscheint, soll er gefälligst dafür bezahlen. (Dass Autor/innen selbst die Veröffentlichung unter CC wünschen, ist für ACS offenbar gar nicht vorstellbar.)

Auch die Optical Society of America (OSA) lässt sich für Artikel in ihren Open-Access-Zeitschriften, darunter das renommierte Journal Optics Express, das Copyright übertragen. Die Veröffentlichung unter CC BY kostet 750 $ zusätzlich und ist überhaupt nur möglich, wenn der Förderer das ausdrücklich verlangt.

Die American Association for the Advancement of Science (AAAS), unter anderem Herausgeberin von Science, veröffentlicht Beiträge in ihrer Open-Access-Zeitschrift Science Advances zwar standardmäßig unter CC BY-NC, wer aber CC BY wünscht, zahlt gleich 1150 $ mehr. Eine Begründung findet sich, anders als bei ACS und OSA, nicht.

Die Gründe für diese Praxis sind nicht klar, finanziell dürfte die Einschränkung der Weiternutzung den Verlagen nicht viel bringen. Es entsteht eher der Eindruck, dass manche Verlage den Trend zu Open Access zwar sehen und dabei sein wollen, sich aber innerlich mit Händen und Füßen dagegen stemmen.Vielleicht nur Zufall, aber interessant ist, dass es sich bei den drei genannten Beispielen (weitere dürfen gerne in den Kommentaren genannt werden) nicht um komerzielle Verlage handelt, sondern um Fachgesellschaften, die sich selbst als Non-Profit-Organisationen bezeichnen.

Es gibt manchmal Gründe, warum Wissenschaftler/innen ihre Veröffentlichungen nicht unter CC BY stellen können oder wollen, dass aber Verlage auf ihre Zeitschriften „Open Access“ draufschreiben, dann aber keine CC-Lizenzen zulassen (oder nur gegen einen saftigen Aufpreis auf die ohnehin nicht gerade geringen Artikelgebühren) ist ärgerlich und grenzt an Etikettenschwindel.

Dieser Artikel wurde von Stefan Schmeja: im TIB-Blog – Weblog der Technischen Informationsbibliothek (TIB) unter CC BY Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland veröffentlicht.

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