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Publizieren mit MDPI? Ergebnisse unserer Umfrage

Ein neues Konsortialangebot des Multidisciplinary Digital Publishing Institute (MDPI), das “MDPI Gold Open Access Publish Agreement 2025-2026”, liegt vor. Die Teilnahme würde uns finanzielle Vorteile bieten:

  • Zurzeit erhält die TUHH einen Rabatt von 10 % auf die APCs der MDPI-Zeitschriften. Dabei übernimmt die TUB die zentrale Rechnungsabwicklung.
  • Mit dem Beitritt zum Konsortium würde dieser Rabatt auf 30 % steigen (Option 1) oder durch eine Pauschalvergütung (“flat fee”) ersetzt, die zu einem reduzierten Festpreis pro Beitrag jährlich aus dem Publikationsaufkommen errechnet wird (Option 2).

Demgegenüber wurden in den letzten Jahren wiederholt Zweifel an der wissenschaftlichen Qualität der Begutachtungsverfahren und an den Geschäftsmodellen von großen Open-Access-Publishern mit vielen special issues1 laut, zu denen auch MDPI gehört.

Der Hintergrund: Stimmungsbilder zum Publisher MDPI

Die Wahrnehmung von MDPI-Journals fällt je nach Fachdisziplin und Einrichtung unterschiedlich aus. Auf der einen Seite äußern Forschende an den verschiedenen Universitäten teils scharfe Kritik,2 auf der anderen Seite schätzen viele MDPI als effizient arbeitenden Publisher.3 Obwohl die stark profitorientierten Geschäftspraktiken und der Umgang mit einzelnen Aspekten der guten wissenschaftlichen Praxis (Journalqualität, Transparenz der Metriken, etc.) wiederholt Zweifel an der Seriosität von MDPI weckten, kommen einschlägige Untersuchungen4 zu dem Ergebnis, dass es sich trotz berechtigter Kritik nicht um einen so genannten “predatory publisher” bzw. um “predatory journals” handle.

Infolge dieser Diskussionen sind die MDPI-Publikationszahlen an vielen Einrichtungen (inklusive der TUHH) seit ca. 2 Jahren stark rückläufig.

Auch aus direkten Kontakten mit Forschenden der TUHH waren uns sowohl kritische als auch befürwortende Stimmen bekannt. Im vergangenen Jahr wurden trotz der rückläufigen Zahlen insgesamt 20 Gold-Open-Access-Artikel von TUHH-Wissenschaftler*innen in verschiedenen MPDI-Journals erfolgreich eingereicht.

Die Umfrage: Rahmendaten und Ergebnisse

Deshalb haben wir unsere Professor*innen, Oberingenieur*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen um ihre Perspektive gebeten. Vom 05. bis 11. Dezember 2024 führten wir eine anonyme Online-Umfrage zur Wahrnehmung von MDPI als Publikationsort durch, an der insgesamt 93 Mitglieder des wissenschaftlichen Personals teilgenommen haben.

Unter den Teilnehmer*innen der Umfrage befinden sich

  • 24 Professor*innen,
  • 20 Oberingenieur*innen und
  • 44 wissenschaftliche Mitarbeiter*innen.

Die meisten Antworten erreichten uns aus den Dekanaten E (Elektrotechnik, Informatik, Mathematik) und M (Maschinenbau) mit jeweils 28 ausgefüllten Fragebögen. Je zwölf Personen aus den Dekanaten W (Management-Wissenschaften und Technologie) und V (Verfahrenstechnik und Chemie) füllten die Umfrage aus, sieben aus dem Dekanat B (Bauwesen).5

Die Bewertung von MDPI fiel wie erwartet kontrovers aus. Mit 79 Befragten war MDPI als Anbieter fast allen bereits bekannt, nur eine Person gab zu Protokoll, noch nicht von MDPI gehört zu haben (13 Antworten fehlen).

35 Personen haben in der Vergangenheit bereits bei MDPI publiziert, 43 nicht. Die für uns zentrale Frage, ob MDPI in Zukunft als Publikationsdienstleister infrage kommt, beantwortete eine Mehrheit von 44 Personen mit “Nein” – gegenüber 22 Personen, für die MDPI ein zuverlässiger Publisher bleibt. Signifikante Korrelationen zwischen Dekanatszugehörigkeit, Statusgruppe und Bewertung von MDPI konnten wir nicht feststellen.

Besonders hilfreich sind für uns die vielen erläuternden Kommentare zur Sicht auf MDPI: 59 Personen haben ihre Einschätzung des Publishers im Freitextfeld verbal begründet, zwei weitere Kolleg*innen schrieben uns diesbezüglich gesonderte E-Mails. Wir möchten wenige ausgewählte Beurteilungen wiedergeben:

Befürwortende Stimmen

  • “Fast review process and the reviews are published with my article; You can never be 100% sure about the review process, but the transparency helps.”
  • “It offers a plethora of journals of varying quality and in my research area the many high value publications have been published at MDPI.”
  • “It is expensive but visibility is relatively high.”

Kritische Stimmen

  • “Despite previous publication in MDPI, I would not do it again. The review process was a bit shady and the quality of many other papers published in MDPI really leaves a lot to be desired. Which has strengthened my doubts.”
  • “MDPI hat in der Wissenschaft (zurecht) einen mindestens fragwürdigen Ruf. Ich möchte auf jeden Fall vermeiden, eine MDPI-Publikation auf meiner Publikationsliste zu haben, weil ich das Gefühl habe, dass es mir eher schaden als nutzen würde.”
  • “No quality in review process. It feels like they are after the money (publication fees).”
  • “Predatory.”

Abwägende Stimmen

  • “Not enough clear evidence for it being predatory. As a light grayish area it would be the next best option, if proper ‘white’ journals are out of question.”
  • “Das kommt auf das jeweilige Journal und dessen Ruf an. Diese unterscheiden sich in ihrer Review-Qualität teilweise massiv.”
  • “I never thought about whether I would or wouldn’t publish in MDPI by now.”
  • “You reap what you sow. On average, publications from MDPI may be less complex, but there is also a lot of nonsense from the other publishers (Elsevier, Wiley, Springer, etc.) MDPI is unbeatably fast. When you consider that feedback from other publishers sometimes takes over 12 months (not because there are so many iterations, but because there is no feedback) and we are constantly forced to publish quickly in order to submit the next application as soon as possible, MDPI simply takes advantage of the system we have created.”

Schlussfolgerung: Keine vertiefende Kooperation mit MDPI

Da viele Kolleg*innen an der TUHH gerne mit MDPI publizieren, schließen wir diesen Publisher auch weiterhin (abhängig von unseren Förderkriterien) nicht grundsätzlich von unserer Publikationsförderung aus, wie andere Einrichtungen es tun.6 Vor dem Hintergrund des überwiegend kritischen Gesamtbildes verzichten wir jedoch auf eine Teilnahme an dem “MDPI Gold Open Access Publish Agreement 2025-2026”.

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

  1. Vgl. die Stellungnahme des Zusammenschlusses All European Academies (ALLEA): https://allea.org/wp-content/uploads/2023/10/ALLEA-Statement-on-Curbing-Predatory-Practices-in-OA-Publishing.pdf ↩︎
  2. Vgl. die entsprechende Stellungnahme von Metin Tolan, Präsident der Universität Göttingen, aus 2023: https://news.uni-goettingen.de/blog/2023/11/03/1739/ ↩︎
  3. Vgl. eine Umfrage an der Universität Kassel aus 2023: https://blog.ub.uni-kassel.de/blog/2023/05/08/integer-oder-raubverlag-ergebnisse-einer-umfrage-zu-mdpi-an-der-uni-kassel/ ↩︎
  4. Vgl. exemplarisch die EQUAP²-Studie: https://zenodo.org/records/7612114 und die darin zitierte Einschätzung von Paolo Crosetto, Forschungsdirektor des französischen agronomischen Instituts INRAE-GAEL: https://paolocrosetto.wordpress. com/2021/04/12/is-mdpi-a-predatory-publisher ↩︎
  5. Die Ergebnisse sind ungewichtet und in absoluten Zahlen angegeben. Da manche Fragebögen nicht vollständig ausgefüllt wurden, ergeben sich für die einzelnen Items unterschiedliche Grundgesamtheiten. ↩︎
  6. So etwa die SUB Göttingen (https://www.sub.uni-goettingen.de/publizieren-open-access/publikationsfonds/publikationsfonds-fuer-zeitschriften/) oder die Medizinische Hochschule Hannover (https://www.mhh.de/bibliothek/so-nutzen-sie-die-bibliothek/schreiben-publizieren/publizieren-open-access/publikationsfonds). ↩︎

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