Rezepte von der 2. Kleinen Nacht des wissenschaftlichen Schreibens

2. Nacht des wissenschaftlichen Schreibens an der TUHH 2015 - Ankündigung
Die 2. Kleine Nacht des wissenschaftlichen Schreibens am 20. Mai 2015 bot für die mehr als 100 Teilnehmenden wieder vielfältige Anregungen für Studierende und Lehrende rund ums wissenschaftliche Schreiben und Arbeiten.

Erwartet und geboten werden bei diesem Thema immer wieder Rezepte, wobei jedes Rezept – auch in der Küche – immer nur so gut ist wie der jeweilige individuell vorhandene Kontext, der die agierende Person betrifft, die genutzte „Ausrüstung“, den fachliche Rahmen und vieles mehr. Rezepte sollten vor allem zur Reflexion über das eigene Verhalten anregen, zum „Sich selbst kritisch beim wissenschaftlichen Arbeiten über die Schultern schauen“. Oft hilft es auch zu wissen, dass es anderen auch nicht anders geht als einem selbst.

Die Nacht begann mit einem Zitat von Judith Wolfsberger:

„Wissenschaftliches Schreiben ist eine hoch komplexe Angelegenheit, die man nur langsam und Schritt für Schritt lernen kann. Dazu braucht es einerseits brauchbare Methoden und andererseits den raum, etwas auszuprobieren. Lernen ist nur möglich, wenn es erlaubt ist, Fehler zu machen.“
(Judith Wolfsbgerger: Frei geschrieben : Mut, Freiheit und Strategie für wissenschaftliche Arbeiten. 3. Aufl. Wien: Böhlau, 2010, S. 145)

Festzuhalten ist mit Wolfsberger auch: „Schreiben ist ein Handwerk, es kann erlernt werden. Der Schreibfluss kann durch bestimmte Methoden gefördert werden und durch Praxis aufrechterhalten werden.““ (S.18)

Raum zum Schreiben bei der Kleinen Nacht 2015
Alle Impulsvorträge boten vielfältige Rezepte zum „Mitnehmen“ während der Kleinen Nacht, hier eine Auswahl an Beispielen und nicht zufällig wird der „rote Faden“ immer wieder erwähnt (!):

  • Anne Rose Sanderink und Christoph Wendt wiesen auf mögliche Fallstricke beim wissenschaftlichen Schreiben hin und gaben u.a. folgende Hinweise:
    Die Fragestellung der Arbeit muss klar sein, wobei Thema und Fragestellung nicht das gleiche sind. Zudem sollte der „rote Faden“ der Arbeit auch in der Gliederung sichtbar sein. Gliederung, Einleitung und Fazit als wichtigste Teile jeder Arbeit werden von Beurteilenden besonders kritisch angeschaut und auch von denjenigen gelesen, die eventuell nur ein oberflächiges Interesse am Text haben.Beim Lesen bzw. beim Bewältigen der aktuellen wissenschaftlchen Literatur sollte unterschieden werden zwischen hilfreichen und interessanten Quellen. Interessant sind viele Ressourcen, aber notwendig ist die bewusste Auswahl der Quellen im Hinblick die eigene Fragestellung.

    Beim Schreiben des Rohtextes „hat der innere Kritiker frei“, also einfach drauflos schreiben. Einen Text zu korrigieren ist einfacher als einen neu zu schreiben. Jeder fertige Text hat in der Regel eine Vielzahl von Versionen durchlaufen.

    Zum Überarbeiten des Textes auch Andere, durchaus Fachfremde, lesen lassen und dabei konkret sagen, unter welchem Gesichtspunkt der Text zu lesen ist. Schon eine Veränderung der Schrift eines Textes kann zu einem anders und damit neu Lesen führen, so dass man schneller etwaige Unstimmigkeiten entdeckt.

  • Wie arbeite ich kontinuierlich und strukturiert?“ fragte sich Wibke Derboven.
    Wie teile ich optimal meine Zeit ein? Hier helfen To-Do-Listen, aber auch das Einplanen von Pufferzeiten (60:40-Regel). Zeitpläne unterstützen, sollten aber nicht dogmatisch gesehen werden: „Pläne sind dazu da, sie zu brechen.“ Man kann auch „Termine mit sich selbst“ abmachen!Wie strukturiere ich meine Abschlussarbeit? Wichtig ist ein Roter Faden. Dafür ist es hilfreich, sich folgende Fragen zu stellen: „Welche Fragestellung hat meine Arbeit? Warum ist die Frage wichtig für die Welt? Wie werde ich meine Frage beantworten?“

    Wie gehe ich mit Krisen um? Guten Strategien gegen Arbeitsblockaden sind Rhythmisierung (denn jede Entscheidung kostet Kraft!) und Gelassenheit (denn jede negative Emotion kostet Kraft!). Trotzdem ist das Durchleben von Krisen während des wissenschaftlichen Arbeitens normal: Das Umgehen mit der Fülle an Stoff und die Informationsflut bedingen eine „Materialkrise“. Man fragt sich, ob das, wann man tut, überhaupt relevant ist („Relevanzkrise“). Man hat immer wieder Ideen, wie man die Arbeit noch etwas besser machen kann („Abschlusskrise“).

    „Schreiben ist eine Selbstklärung.“ Beim Aufschreiben fällt einem nämlich immer wieder was ein. Schreiben ist daher auch Denken und Sich-Klar-Werden, was man verstanden hat bzw. was man eigentlich will!

  • Literatur zum wissenschaftlichen SchreibenMatthias Buntenkötter sprach über die Leserorientierung von Texten und damit über Textverständlichkeit. Diese ist abhängig von der Nachvollziehbarkeit von Texten für Lesende. Nachvollziehbarkeit hat eine optische (Leserlichkeit), eine sprachliche (Lesbarkeit) sowie eine gedankliche Komponente (kognitiven Gliederung, roter Faden).Wird man am Anfang des eigenen Schreib-Projektes eher sich selbst und sein eigenes Denken im Fokus haben – siehe den letzten Satz vom Punkt oben -, sollte der Text am Ende bei der Überarbeitung für die potentiell Lesenden optimiert werden. Es wurde mit Helga Esselborn-Krumbiegel empfohlen, „regelmäßig Luft aus Ihren Textballons“ zu lassen (Esselborn-Krumbiegel, Helga: Richtig wissenschaftlich schreiben. Wissenschaftssprache in Regeln und Übungen. 3. Aufl. Paderborn: Schöningh 2014, S. 71).

Abgerundet wurde die kleine Nacht durch Impulsvorträge zu weiteren Aspekten wissenschaftlichen Arbeitens, z.B. zum Finden von Fachinformation, zur Wissensorganisation durch Literaturverwaltung mit Citavi oder Zotero, zum Zitieren sowie zur Nutzung von LaTeX!

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