Schreiben zum Denken und Lernen

Jedes Schreiben ist iterativ, und jeder Text benötigt oft mehrere Versionen!

Jedes Schreiben ist iterativ, und jeder Text benötigt oft mehrere Versionen!

In keinem Studium, egal welches Fach, in keinem Berufsalltag kommt man um das Schreiben von längeren Texten herum. Und nicht jedem liegt das Schreiben. Hier folgen ein paar Anregungen, wie man die eigenen Schreibprojekte vielleicht doch auf die Reihe bekommt und eventuell sogar die Freude am Schreiben für sich entdeckt.

Der Philosoph Ludger Jansen führt in seiner Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben (Fassung 2013. Der Dank für den Hinweis auf diese Anleitung gebührt Birte Schelling.) „zehn Gebote“ zum Schreiben auf:

  1. Bedenke, dass Dein Text oder Dein Wortbeitrag ein Beitrag zum wissenschaftlichen Gespräch ist, für das – wie für andere Gespräche auch – die
    Grice’schen Konversationsmaximen beachtet werden sollten:

    Quantität

  2. Mache Deinen Gesprächsbeitrag so informativ wie (für die augenblicklichen Gesprächszwecke) nötig.
  3. Mache Deinen Gesprächsbeitrag nicht informativer als nötig.

    Qualität

  4. Behaupte nichts, von dessen Wahrheit Du nicht überzeugt bist.
  5. Behaupte nichts, wofür Du keine Beweise hast.

    Relation

  6. Sei relevant.

    Modalität

  7. Vermeide Unklarheiten im Ausdruck.
  8. Vermeide Mehrdeutigkeiten.
  9. Vermeide Weitschweifigkeit.
  10. Vermeide Ungeordnetheit.

Fertige Texte
„Schreiben lernen heisst denken lernen.“ und „Schreiben ist zentraler Bestandteil jeder wissenschaftlichen Tätigkeit.“ Diese zwei Sätze eines der Galionsfiguren der deutschen Schreibdidaktik verknüpfen das Schreiben mit dem Denken (und Lernen). Otto Kruse nennt folgende Zusammenhänge zwischen „Schreiben und Denken“:

  • „Schreiben veräussert das Denken
  • Das Produkt, das auf dem Papier steht, entlastet das Gedächtnis, erlaubt, mehr Elemente einzubeziehen
  • Die langsame Verfertigung der Gedanken beim Schreiben
  • Möglichkeit zur Korrektur/ Bewertung des eigenen Denkens
  • Knowledge-producing statt knowledge-telling
  • Metakognitive Fähigkeiten: Nachdenken über das eigene Denken
  • Schreiben ist ein Fenster, das hilft, in den Denkprozess hinein zu schauen
  • Schreiben erlaubt, den Denkprozess zu verlangsamen und mehr Elemente in die Kalkulation einzubeziehen
  • Schreiben erlaubt interaktives Denken: Nachdenken über die (niedergeschriebenen) Zwischenprodukte des eigenen Denkens
  • Schreiben hat heuristische und hermeneutische Qualitäten: Es ist ein Prozess, in dem wir durch Verwendung von Sprache Wissen oder Erkenntnis produzieren.“
    (Quelle: Wissenschaftliches Schreiben und kritisches Denken. Workshop Universität Innsbruck 2001.)

Ein anregendes Buch zum Thema dieses Blog-Beitrages, das auch in der TU-Bibliothek ausgeliehen werden kann, stammt von Ulrike Scheuermann: Schreibdenken – Schreiben als Denk- und Lernwerkzeug nutzen und vermitteln (2. Aufl., 2013).

Mehr zum Thema „Wissenschaftliches Schreiben und studentisches Lernen“ von Kruse im gleichnamigen Dossier herausgegeben der Hochschuldidaktik der Universität Zürich aus dem Jahre 2012. Ein weiterer wichtiger Name zur Schreibdidaktik in Deutschland ist übrigens Gerd Bräuer, der auch in einem persönlichen Blog schreibt.